Verkehrssteuerung
Verkehrsmanagement ist der Ansatz zur Verkehrsbeeinflussung, der auf Koordination und Informationsaustausch zwischen verschiedenen Akteuren im Verkehrsgeschehen basiert. Mittelfristig sollen Verkehrsnachfrage und Mobilitätsverhalten beeinflusst werden. Kurzfristig steuert das operative Verkehrsmanagement den Verkehr und soll Verkehrsspitzen entflechten durch den Einsatz technischer Systeme, zum Beispiel Koordination von Lichtsignalanlagen, Einsatz von Leitsystemen.
Projektierung, Bau, Betrieb und Unterhalt der Lichtsignalanlagen
Insgesamt werden zur Zeit 110 Lichtsignalanlagen, 50 Fußgängersignalanlagen und 32 Fußgängerblinkanlagen von verschiedenen Herstellern betreut.
Alle Um- und Neubauten von Signalanlagen werden im Sachgebiet von drei Mitarbeitern geplant, ausgeschrieben und koordiniert. Bei Projekten, bei denen Leistungen von Ingenieurbüros erforderlich sind, wird die Betreuung und Koordination vom Sachgebiet übernommen. Die Wartung der Signalanlagen erfolgt durch Herstellerfirmen und städtisches Personal.
TRAVOLUTION
Seit Oktober 2008 ersetzt eine revolutionäre Ampelsteuerung die bisherige Schaltung der Anlagen entlang des Ingolstädters Hauptstraßennetzes mit dem Ziel, den Verkehrsfluss zu verbessern.
Im Rahmen des Forschungsprojektes TRAVOLUTION wurden von August 2006 bis Juni 2008 insgesamt 46 Lichtsignalanlagen an den hoch belasteten Knotenpunkten im Ingolstädter Hauptstraßennetz technisch umfangreich erweitert, miteinander vernetzt und an eine neue Verkehrsrechnerzentrale angeschlossen.
Auf diese Weise werden die angebundenen Anlagen künftig nicht mehr nur lokal verkehrsabhängig geschaltet, sondern können nun netzweit online-optimiert werden, angepasst an die jeweils aktuelle Gesamtverkehrslage. Erstmals in Deutschland kommen dabei sogenannte „Genetische Algorithmen“ als Optimierungsverfahren zum Einsatz, die die Methoden der Evolution nachbilden. Der zweite Projektteil beinhaltete die Erprobung der Ampel-Fahrzeug-Kommunikation „Der informierte Fahrer“ (mehr zum Forschungsprojekt TRAVOLUTION).
Projektziele:
Mit dem Projekt TRAVOLUTION sollen folgende Ziele erreicht werden:
- Verkehrsverflüssigung und Erhöhung der Verkehrssicherheit bei gleichzeitiger Reisezeiteinsparung
- Reduzierung von Emissionen (zum Beispiel Feinstaub und Stickoxyde)
- Erstmaliger Einsatz von Genetischen Algorithmen als online ablaufender Rechenprozess in der Straßenverkehrstechnik in Deutschland
- Erstmaliger Feldversuch in Deutschland zur Kommunikation
LSA – Fahrzeug mit dem Ziel der Verkehrsverflüssigung und der Standardisierung der Technik im Car-2-Car-Communication- Consortium, einem Zusammenschluss der namhaften europäischen und internationalen Automobilhersteller - Keine Beeinträchtigung der bestehenden ÖPNV-Beschleunigung
Projektergebnisse:
Die 2008 durchgeführten Messfahrten der TU München dokumentieren, dass im Bereich des TRAVOLUTION-Netzes die Verlustzeiten an den Ampeln im Tagesdurchschnitt um 21 Prozent gesenkt und die Anzahl der Halte um 17 Prozent reduziert werden konnten.
Dadurch werden
- 1.600 Tonnen CO2 pro Jahr,
- 700.000 Liter Kraftstoff pro Jahr und
- 950.000 Euro jährlich an volkswirtschaftlichen Kosten (durch Wartezeiteinsparungen) eingespart.
Projektfortsetzung TRAVOLUTION extended:
Das zweite Teilprojekt zum „Informierten Fahrer“ konnte im ganzen Stadtgebiet erfolgreich auf dem neuen Verkehrsrechner umgesetzt werden.
VinstaR
- Gegenstand des Forschungsprojekts VinstaR ist die kostengünstige Verkehrslagebestimmung aus den Daten von, in den Fahrzeugen vorhandenen Navigationsgeräten und aus der Ortung von Mobilfunk-Geräten.
- Diese Daten sollen dann zu einer besser der aktuellen Verkehrslage angepassten Steuerung, vorrangig aber zu einer optimierten Busbeschleunigung genutzt werden.
- Ziel der Verwendung der aktuellen Verkehrslage für die Busbeschleunigung in Ingolstadt ist es, einen verträglichen, über Parameterveränderung steuerbaren Ausgleich zwischen den Interessen des ÖPNVs und dem Individualverkehr zu erreichen.
- Die Verbesserungen für den Individualverkehr an Knotenpunkten, an denen die Beschleunigung des ÖPNV aktiv ist, sollen sich in der Reduzierung der Wartezeiten bei ÖPNV-Eingriffen messbar auswirken. Angestrebt sind Verringerungen der Wartezeiten und Stauerscheinungen für den Individualverkehr um fünf Prozent in den Stoßzeiten und um bis zu zehn Prozent in den verkehrsschwachen Zeiten.
- Im Zuge der Qualitätsanalyse wird die Beschleunigung der Linienbusse kontinuierlich überwacht. Durch die im Forschungsprojekt ermittelte Verkehrslage ergeben sich verbesserte Analysemöglichkeiten für Fehlfunktionen am Busbeschleunigungssystem und an Lichtsignalanlagen.
Verkehrsverhalten an Lichtsignalanlagen
Damit die Erfassung der Fahrzeuge durch die Lichtsignalanlagen zuverlässig erfolgen kann, ist es grundsätzlich wichtig, dass die Fahrzeuge unmittelbar vor dem markierten Haltebalken und nicht schon einige Meter davor anhalten und auf ihr Grünsignal warten.
Da in der Steuerung der Lichtsignalanlagen das Fehlen beziehungsweise Abreißen des Fahrzeugstroms aus einer Richtung bewertet wird, kann durch die Vermeidung von unnötig großen Abständen zum „Vordermann“ beim Passieren der Signalanlage vermieden werden, dass die Steuerungslogik einen zu großen Abstand zwischen zwei Fahrzeugen als Ende des Verkehrsstromes deutet und die Rotphase einleitet.
KIVI - Künstliche Intelligenz im Verkehrssystem
Wie kann künstliche Intelligenz die Verkehrssteuerung im städtischen Umfeld verbessern? Mit dieser Frage startet das Projekt „Künstliche Intelligenz im Verkehrssystem Ingolstadt“ (KIVI) und will in Pilotanwendungen die Potentiale aufzeigen. Ziel von KIVI ist die Optimierung des Verkehrsflusses und die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Infrastruktur sowie die Erhöhung der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer, also Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV und Kfz-Verkehr.
Dazu werden erstmals unterschiedlichste und teils neuartige Datenquellen, z. B. von Fahrzeugflotten, ÖPNV-Fahrzeugen, Fahrradfahrern und lokal erfasster Sensordaten von Fußgängern mittels Künstlicher Intelligenz (KI) vereint. In einem zweiten Schritt sollen diese Daten Eingang in die Ampelsteuerung finden, so dass in einem bestimmten Rahmen Freigabezeiten angepasst an das lokal aktuelle Verkehrsaufkommen aller Verkehrsteilnehmer errechnet und fast in Echtzeit umgesetzt werden können.
Das Forschungsprojekt soll unter der Federführung des Amtes für Verkehrsmanagement und Geoinformation der Stadt Ingolstadt im Realbetrieb an zehn Kreuzungen im Verlauf von Heydeckstraße und Goethestraße, von Esplanade bis Römerstraße sowie an der Kreuzung Schillerstraße/Friedrich-Ebert-Straße angewendet und getestet werden.
Das Forschungsprojekt KIVI, in dem neben der Stadt Ingolstadt die Technische Universität München, die Technische Hochschule Ingolstadt, die Artificial Intelligence Network Ingolstadt gGmbH, das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme, die GEVAS Software GmbH, TTS und die Volkswagen car.SW Org zusammenarbeiten, hat eine Projektlaufzeit von 36 Monaten und läuft bis Mitte Oktober 2023.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur fördert das Projekt mit rund 6,9 Millionen Euro. Der auf die Stadt Ingolstadt entfallende Förderanteil beläuft sich auf rund 1,7 Millionen Euro. „Ich freue mich wirklich sehr über die hohe Förderzusage aus Berlin und danke allen, die sich bisher für dieses Forschungsprojekt engagiert haben“, erklärte Oberbürgermeister Christian Scharpf. „Der Ingolstädter Projektansatz ist deutschlandweit bislang einmalig – sämtliche Daten von Fahrzeugen, des ÖPNV sowie der Fußgänger und Radfahrer sollen in Echtzeit erfasst und genutzt werden. Durch einen optimaleren Verkehrsfluss und mehr Verkehrssicherheit profitieren unsere Bürgerinnen und Bürger. Zugleich unterstreicht dieses gemeinsame Projekt unsere Spezialisierung auf Künstliche Intelligenz am Forschung- und Entwicklungsstandort Ingolstadt.“
Auch Bundestagsabgeordneter Dr. Reinhard Brandl freute sich über die Förderzusage: „Mit dem Projekt wird Ingolstadt zu einer Musterstadt für intelligente Verkehrssteuerung ausgebaut. Das stärkt die Forschungseinrichtungen am Standort und verbessert den innerstädtischen Verkehrsfluss sowie die Sicherheit insbesondere für Fahrradfahrer und Fußgänger.“
Mittelfristiges Ziel ist es, die in KIVI entwickelten Optimierungsverfahren bei Erfolg schrittweise im gesamten Stadtgebiet einzusetzen.