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Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas 1933 bis 1945
Protestschriften der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus

Sonderausstellung und Eröffnungsveranstaltung mit Vortrag im Stadtmuseum - 07.07. bis 20.10.2024

Das Zentrum Stadtgeschichte zeigt von Sonntag, 7. Juli bis 20. Oktober im Foyer eine Präsentation zu Protestschriften der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus. Sie ist ein Themenschwerpunkt der 2018/19 von Kurator Christoph Wilker und dem NS-Dokumentationszentrum München entwickelten Ausstellung „Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas 1933 bis 1945“. Das Projektteam „Die Opfer des Nationalsozialismus in Ingolstadt“ am Stadtarchiv hat sie um zwei Tafeln ergänzt. Diese gehen auf die Situation der Ingolstädter Zeugen Jehovas zwischen 1933 und 1945 ein und betrachten einige Biografien von Verfolgten.

Die Zeugen Jehovas wurden in Bayern bereits 1933 auf der Grundlage eines regionalen Erlasses als Religionsgemeinschaft verboten. Das endgültige, für das gesamte deutsche Reichsgebiet geltende Verbot folgte 1935. Die Glaubensgemeinschaft versuchte sich dagegen beispielsweise mit großen Flugblattaktionen zu wehren. Da sie darüber hinaus den Hitlergruß, den Eid auf Adolf Hitler sowie den Kriegsdienst ablehnten, waren sie schlimmsten Repressalien, KZ-Haft und strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt. Häufig wurden minderjährige Kinder von Zeugen Jehovas von den Schulen verwiesen sowie von ihren Eltern getrennt und in sogenannte „Umerziehungslager“ gebracht. Der Widerstand der damals auch als „Ernste Bibelforscher“ bezeichneten Gläubigen war von Beginn an gewaltlos. Auch erfolgte er nicht aus politischer Motivation, sondern basierte auf religiöser Selbstbehauptung. Immer wieder wurden in den Protestschriften aber auch die unmenschlichen Verhältnisse in Deutschland, die Judenverfolgung und die Kriegsverbrechen offen angesprochen und verurteilt. Der tatsächliche Widerstand zeigte sich in den persönlichen Entscheidungen der einzelnen Zeugen Jehovas. Die zahlreichen, in Konfrontation mit dem NS-Regime getroffenen Einzelentscheidungen waren durchaus differenziert.

Mit Martin Karg (1892-1940), Georg Stippel (1902-1940) und Max Eckert (1896-1940) kamen drei Zeugen Jehovas die entweder im Raum Ingolstadt lebten oder geboren waren zwischen Februar und April 1940 im Konzentrationslager Mauthausen ums Leben. Gemeinsam mit 141 weiteren Zeugen Jehovas waren sie im September 1939 vom Konzentrationslager Dachau aus nach Mauthausen verlegt worden. Im strengen Winter 1939/40 war dort die Todesrate extrem hoch. Allein im Februar starben laut Totenbuch knapp 500 Häftlinge. Die nationalsozialistische Verfolgung überlebte der 1899 in Ingolstadt geborene Zeuge Jehovas Ludwig Stauffer. Nachdem sich der Schreiner 1937 gemeinsam mit seiner Frau an der Verbreitung der Protestschrift „Offener Brief“ beteiligt hatte, verurteilte das Münchner Sondergericht das Paar zu mehrmonatigen Haftstrafen. Auch wenn sie nach ihrer Entlassung weiterhin im Untergrund für die Zeugen Jehovas aktiv waren, wurden die Stauffers nicht erneut verhaftet.
In der öffentlichen Erinnerungskultur wurden die Zeugen Jehovas erst spät als Verfolgte des NS-Regimes anerkannt. Einige erlebten in der DDR eine sogenannte „zweite Verfolgung“, die häufig auch eine erneute Inhaftierung mit sich brachte. Die Aufmerksamkeit und Würdigung, die der gewaltfreie, an christlichen Prinzipien orientierter Widerstand der Zeugen Jehovas gegen das NS-Regime erst in der letzten Zeit erfahren hat, ist längst überfällig.

Die Eröffnung findet am Sonntag, 7. Juli, um 17 Uhr im Barocksaal des Stadtmuseums statt. Nach einem Grußwort von Kulturreferent Marc Grandmontagne gibt Ausstellungskurator Christoph Wilker in einem Vortrag einen Überblick über das Ausstellungsthema. Anschließend berichten Angehörige von verfolgten Zeugen Jehovas mit Bezug zu Ingolstadt über einzelne Schicksale. Im Nachgang kann die Ausstellung im Foyer des Zentrums Stadtgeschichte besichtigt werden.

Der Eintritt für die Eröffnungsveranstaltung und den Besuch der Ausstellung ist frei.

Informationen zur Ausstellung:

Dauer: 07.07.2024 bis 20.10.2024
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 9 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag, 10 bis 17 Uhr
Ort: Stadtmuseum Ingolstadt, Auf der Schanz 45, 85049 Ingolstadt

www.zentrumstadtgeschichte.ingolstadt.de