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Vom Ingolstädter Studenten zum Passauer Weihbischof. Christian Kripper zum 450. Todestag– zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Georgianums
von Gerd Treffer

Historische Blätter Ingolstadt - Jahrgang 14 - Ausgabe Nr. 143 vom 01.06.2024

Kripper stammt aus Lohberg (Loberg) am Rande des Böhmerwaldes. Das gibt er als Herkunftsort an, als er sich im Juni 1544 an der Universität Ingolstadt zum Studium einschreibt. Er scheint ein Mann zu sein, dem Eile und Hast fernliegen. Er nimmt sich Zeit. Im Juli 1546 promoviert er zum artistischen Bakkalar, im Januar 1552 zum Magister. Dann verlässt er erstmals Ingolstadt. Christoph Schöner nimmt ( im Biographischen Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität München) an, er sei Hofkaplan an der Münchner Residenz geworden und stützt sich darauf, dass sich Kripper (als er nach Ingolstadt zurückkommt) als „E.F.D. undertheniger Capellan“ bezeichnet. Das ist jedenfalls ein Amt, in dem man gesehen wird und wichtige Verbindungen knüpfen kann. Aber Kripper hat es ja nicht eilig.
Er kehrt nach Ingolstadt zurück und studiert Theologie.

Unabhängig davon wird er 1562 zum Regens des Georgianums bestellt. Der baierische Herzog hat konkrete Vorstellung, was aus dieser Stiftung werden soll: ein Landes-Priester-Seminar. Und Kripper scheint ihm der rechte Mann, die praktischen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Seine neue Aufgabe packt er jedenfalls mit großem Ernst und beachtlicher Energie an. Offenbar ist er auch nicht unvermögend (,was vielleicht auch mit ein Grund ist, dass er keine Eile kennt, sich nicht unter Druck setzen lässt und sich auch selbst nicht setzt). Das Georgianum profitiert von seiner Amtsführung; es erfährt bauliche Erweiterungen, deren Kosten er „teilweise aus seiner eigenen Tasche vorstreckt“ (Schöner). 1564 führt er im Auftrag des Herzogs einen stattlichen Erweiterungsbau aus. Er schließt sich nördlich des bestehenden Gebäudes an und ist mit neun Metern Länge und acht Metern Breite dem Bestandsbau ebenbürtig. Nach der Fertigstellung schreibt Kripper ( am 27. Januar 1565) an Herzog Albrecht, das Haus stehe bereit: Wenn die Bischöfe und Prälaten in Bayern sich entschlössen, ihre Priesteramtskandidaten zum Studium herzuschicken, könnten diese hier zusammenwohnen. Zu Krippers Zeit waren etwa 30 Stipendiaten im Haus zum Theologiestudium untergebracht. Zu den ursprünglichen elf Freiplätzen waren rund zwanzig Stipendienplätze für das Georgianum zugestiftet worden. Kripper selbst stand fest hinter dem Bemühen der herzoglichen Seminarpolitik, die bayerischen Bischöfe und die Klosteroberen für das Vorhaben eines „baierischen Seminars“ für Priesterbildung an der Landesuniversität zu gewinnen. Professor Friedrich Staphylus, „soeben zum herzoglichen Superintendenten der Universität ernannt, bemühte sich (schon) im Frühjahr 1562 auf der Salzburger Provinzialsynode nachdrücklich (darum), die Bischöfe zur Entsendung geeigneter Priesterkandidaten zu bewegen“ (Georg Schwaiger; Das herzogliche Georgianum in Ingolstadt, Landshut, München 1494 – 1994). Diesem Ziel diente nicht allein der Erweiterungsbau (um Raum für die Unterbringung solcher neuen Theologiestudenten zu schaffen). Der umtriebige Regens erließ 1565 neue Statuten: Im Haus wohnen Kollegiaten (also Stipendiaten) und Konviktoren (Lehr- und Aufsichtskräfte zugleich). Wer im Hause lebt, hat auch hier zu essen (mitzudenken ist: nicht in den Wirtshäusern, wo Ablenkung, üble Bekanntschaften, gar Raufhändel ihren Anfang nehmen könnten). Wer im Haus aufgenommen ist, hat bei seinem Eintritt dem Regens seinen studentischen Degen abzuliefern (den er – nur – zurückerhält, wenn er die Stadt verlässt und übers Land zieht). Umgangssprache im Haus, aber darüber hinaus auch mit allen, die dieser Sprache mächtig sind, ist Latein. Es gibt strenge Hygiene-Regeln. Stramme Zucht ist vorgeschrieben. Die geforderten Bischöfe und Äbte halten dennoch den herzoglichen Plänen gegenüber hinhaltend Abstand, befürchten Eingriffe in ihre Domänen und Verlust an Macht und Ansehen. (Doch auch der nachfolgende Herzog, Wilhelm V. (1579 – 1598) , verfolgt den Plan eines geistlichen Seminars (neben dem Jesuitenkolleg) in Ingolstadt weiter).

In diesen Jahren ändert sich die Stellung des Georgianums in der Universitätsstruktur. Bisher war es überwiegend von Philosophie-Studenten belegt (also Studienanfängern, die zum Magister studierten, um erst dann den Weg in eine drei höheren Fakultäten zu nehmen). Bisher wurde es von der artistischen Fakultät überwacht und von einem Magister aus dieser Fakultät geleitet. Schon Krippers Vorgänger aber hatten keine Lekturen mehr bei den Philosophen gehalten, waren dort aber noch Examinatoren und Dekane und gelangten ggf. über das Fakultätskonzil in den Universitätssenat. Das änderte sich nun. Die Regenten des Georgianums waren nun kraft dieses Amtes zum Rektorat der Universität befähigt. „Seiner Ausbildung und seinem akademischen Grad nach war Kripper noch Artist, stand aber bereits außerhalb der Fakultät“(Georg Schwaiger) und spielte in der Universitätsverwaltung eine bedeutende Rolle. 1564 war er Vizerektor, 1565 Rektor der Universität und 1569 erneut Vize. Zusammen mit der rechtlichen Position des Regens entfernte sich das Georgianum von der philosophischen Fakultät.“ Die bisher schon in der Person des Regens und in der geistlichen Ausrichtung des Hauses häufige Verbindung mit der theologischen Fakultät wurde weiter ausgebaut “(Georg Schwaiger).

Neben all diesen Herausforderungen bei der Leitung des Georgianums und der Führung der Universität ( zu Belegungsstreitereien bei den Stipendienplätzen sowie den Beziehungen zu den Jesuiten siehe Arno Seifert; Das Georgianum 1494 – 1600; Frühe Geschichte und Gestalt eines staatlichen Stipendiatenkollegs ; in: Heinz Jürgen Real; Die privaten Stipendienstiftungen der Universität Ingolstadt im ersten Jahrhundert ihres Bestehend), neben all diesen zeitaufwändigen Tätigkeiten betrieb Kripper quasi nebenbei sein eigenes Theologiestudium, in dem er es 1569 zur Formatur bringt.

In diesem Jahr verlässt er Ingolstadt.
Er stiftet dem Georgianum noch zwei Stipendien, eines davon für ein Mitglied seiner Familie, dem er seine Bibliothek zur Verfügung stellt, die er dem Georgianum vermacht.

Kripper geht nach Passau – am 8. November 1570 dort zum Weihbischof ernannt. Bischof ist dort Urban von Trennbach; er ist, 1561 zum Passauer Bischof berufen, schon vor Kripper da, und er wird noch im Amt sein ( bis 1598), als Kripper längst verstorben ist: am 12. November 1573, sagt das Verzeichnis der Passauer Weihbischöfe, im Jahre 1574 meldet es das Lexikon der Ingolstädter Hochschullehrer.