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Christoph Scheiner
Ein Beitrag zur Ausstellung: Sonne entdecken - Christoph Scheiner

 

Christoph Scheiner - Jesuit und Naturwissenschaftler

Christoph Scheiner
Christoph Scheiner wurde am 25. Juli 1575 in Markt Wald bei Mindelheim geboren. Über seine Familie und seine Kindheit ist nichts bekannt. Er besuchte zunächst das Jesuitengymnasium in Landsberg am Lech. Ab Mai 1591 war er Schüler des Jesuitengymnasiums in Augsburg, das er als Rhetor abschloss. Am 26. Oktober 1595 trat Scheiner in das Noviziat der Gesellschaft Jesu in Landsberg ein. Die Priesterweihe empfing er 1609 in Eichstätt. Die letzten Gelübde der Armut, Ehelosigkeit, des Gehorsams und der Papstverpflichtung legte er 1617 in Ingolstadt ab. Sein Philosophiestudium in Ingolstadt und Dillingen schloss er mit dem Magister Artium ab, das Theologiestudium in Ingolstadt mit dem Doktorat. 1610-1617 war er in Ingolstadt Professor für Mathematik und Hebräisch. Er hielt Vorlesungen über Sonnenuhren, über praktische Geometrie, Astronomie und Optik und ein Seminar über das Fernrohr. Auch fallen in diese Zeit seine bedeutendsten literarischen Arbeiten, wenn sie zum Teil auch erst viel später gedruckt wurden. Nach Aufenthalten in Innsbruck, Freiburg im Breisgau und Wien kam Scheiner 1622 nach Neisse in Schlesien, wo am 23. April des darauffolgenden Jahres die Jesuitenniederlassung mit ihm als Hausoberen eröffnet wurde. Nach Aufenthalten in Rom und Wien in den Jahren 1624-1637 kehrte Scheiner nach Neisse zurück, wo er seine letzten 13 Lebensjahre verbrachte. Scheiner starb am 18. Juli 1650 an den Folgen eines Schlaganfalls.

Scheiner war ein herausragender Naturwissenschaftler, dessen Leistungen noch heute aktuell sind. Er konstruierte 1603 den Pantografen, ein Zeicheninstrument, mit dessen Hilfe man Linien oder ein Bild in vergrößertem oder verkleinertem Maßstab kopieren kann. Im Turmzimmer der Heilig-Kreuz-Kirche zu Ingolstadt, das ihm als Observatorium diente, beobachtete er 1611 zum ersten Mal die Sonnenflecken und bestimmte die Rotationszeit der Sonne und die ganze Lage ihres Äquators. Er baute Instrumente zur Beobachtung des Weltalls und erstellte 1614 die erste Mondkarte. Er machte zahlreiche Entdeckungen zur physiologischen Optik des Auges, so die Messung des Krümmungsradius der Hornhaut und die Lichtreaktion der Pupille. Er erkannte die Netzhaut als eigentlichen Sitz des Sehens ebenso wie den Vorgang der Akkommodation, der Anpassungsfähigkeit des Auges an die verschiedenen Entfernungen und Lichtverhältnisse. Er beschrieb die Anatomie des Auges. Er erkannte den Grauen Star, entwickelte ein gläsernes Augenmodell und befasste sich mit dem Gesichtswinkel und dem Augendrehpunkt. Der »Scheiner-Versuch« zum Nachweis einer Fehlsichtigkeit wird noch heute in der Augenheilkunde gelehrt.

Der Jesuit Christoph Scheiner, der sich ein Leben lang mit der Astronomie beschäftigte und das geozentrische Weltbild vertrat, ist mit Sicherheit einer der berühmtesten unter den einst in Ingolstadt wirkenden Naturwissenschaftlern. Als einfallsreicher Erfinder physikalischer und optischer Instrumente trug er maßgeblich zur Entwicklung der astronomischen Fernrohre bei und wurde als Naturforscher zum Mitbegründer der physiologischen Optik. Als Theologe versuchte er frühzeitig, die neuen Naturwissenschaften mit dem christlichen Weltbild in Einklang zu bringen.

Christoph Scheiner - Der Astronom und sein Hauptwerk

Unter dem Titel »Rosa Ursina sive Sol« erschien 1626-1630 in Rom das Hauptwerk Scheiners, in dem er die Sonnenflecken genauestens beschreibt. Neben dem Beobachtungsmaterial zu den Sonnenflecken und den Sonnenphänomenen behandelt er die Frage der Priorität der Sonnenflecken und die Darstellung von Fernrohren und Projektionsmethoden. Und es wird die Optik eines Fernrohres der Optik des Auges gegenübergestellt.

Christoph Scheiner mit Fernrohr
Scheiner entdeckte unabhängig von Galileo Galilei die Sonnenflecken.
Er projizierte die Sonnenstrahlen mittels eines von ihm konstruierten Fernrohres, des Heliotrops, auf einen Schirm, so dass er die Sonne deutlich sehen und die Position der Sonnenflecken bestimmen konnte. Scheiner baute 1613 nach den Angaben von Johannes Kepler ein astronomisches Fernrohr, dessen Linsen er selbst geschliffen hatte.
Auch entwickelte er eigene Messverfahren, um zuverlässige Beobachtungsergebnisse zu erzielen. Die Sonnenbeobachtungen machte Scheiner im Turmzimmer der Heilig-Kreuz-Kirche zu Ingolstadt, das er als Sternwarte eingerichtet hatte.

Seine Forschungsergebnisse publizierte Scheiner neben seinem Hauptwerk in seinem 1615 zu Augsburg erschienenen Buch »Sol ellipticus«, in dem er sich mit der elliptischen Gestalt der Sonnenscheibe bei ihrem Auf- und Untergang befasst. Er erkannte, dass dieses Phänomen durch die Dichte der Luft und das unterschiedliche Brechungsverhalten verursacht wird. Er führte theoretisch richtig aus, dass die Strahlenbrechung vom Horizont gegen den Scheitelpunkt hin abnimmt. Aus diesem Grund müsse jeder aus einer kreisförmigen Scheibe bestehende Himmelskörper derart deformiert werden, dass der Kreis in eine Ellipse übergehe.

Das Heliotrop zur indirekten Sonnenbeobachtung mit einer um zwei Achsen drehbaren Montierung ist die Krönung des Bemühens Scheiners, optimalere Aufzeichnungen zur Beobachtung der Vorgänge auf der Sonnenoberfläche zu erhalten. Die einmal auf die Mitte des Schirmes gebrachte Sonne musste nur noch durch eine Bewegung des Fernrohres ständig in dieser Position gehalten werden.

Rita Haub. Texttafel in der Ausstellung "Christoph Scheiner" in Ingolstadt 2000.


Christoph Scheiner, 1573-1650

"Christoph Scheiner (geb. am 25. Juli 1573 in Wald bei Mindelheim, gest. am 18. Juli 1650 in Neiße) ist der wohl berühmteste unter den einst in Ingolstadt wirkenden Astronomen.
Er war von 1610 bis 1616 Professor der Mathematik an der Universität Ingolstadt, an der er bereits studiert hatte.
Seine wissenschaftlichen Arbeiten über Fragen der Astronomie und Optik, u. a. über die Sonnenflecken und das menschliche Auge, genossen höchstes Ansehen.
Scheiner hatte, assistiert von Johann Baptist Cysat, im März 1611 vom Turm der Kreuzkirche aus sie Sonnenflecken beobachtet und seine Beobachtungen in 3 Briefen vom 12. November 19. und 26. Dezember an Marcus Welser in Augsburg beschrieben, der diese am 5. Januar 1612 im Druck herausgab und an Galilei und Kepler schickte.
Es kam zum Prioritätsstreit zwischen Scheiner und Galilei, der die Entdeckung der Sonnenflecken für sich (August 1610) in Anspruch nahm, ohne daß wohl beide die bereits im Juli 1611 in Wittenberg erschiene Schrift von Johannes Fabricius "De maculis in sole observatis et apparente earum cum sole conversione narratio" kannten.

Scheiner sind viele astronomische Beobachtungen und Nachweise zu verdanken wie die Berechnung der Rotationszeit der Sonne oder die Neigung der Sonnenrotationsachse gegen die Ekliptik.

Er baute selbst ein astronomisches Fernrohr, schliff eigenhändig Linsen für seine Fernrohre, erfand 1603 den Pantographen (Storchschnabel) und entwickelte astronomische Geräte wie Helioskop und Helitrop.
Sein Hauptwerk über die Sonnenflecken erschien 1630: »Rosa Ursina sive sol ex admirando facularum suarum phaenomeno varius nec non circa centrum suum et axem fixum ab ortu in occasum conversione quasi menstrua super polos proprios mobilis« (Bracciano)."

Hofmann, Siegfried. Die Jesuiten in Ingolstadt, 1991, S. 164.




Zeittafel zu Christoph Scheiner

25. Juli 1575
geb. in Markt Wald bei Mindelheim

Besuch des Jesuitengymnasiums in Landsberg

1591
ab Mai am Jesuitengymnasium in Augsburg; Abschluss als Rhetor

1595
26. Oktober 1595 Eintritt in die Gesellschaft Jesu
1595-1597 Noviziat in Landsberg am Lech; Novizenmeister: Pater Rupert Reindl SJ

1597
26. Oktober 1597 erste Gelübde in Augsburg bei Pater Melchior Stör SJ
1597-1598 Juniorat in Augsburg, Studium der Rhetorik

1598
19. September 1598 niedere Weihen in Augsburg durch Weihbischof Sebastian Breuning
1598-1601 Studium der Metaphysik und Mathematik (zusammen mit Petrus Frank und Ferdinand Melchiorius) in Ingolstadt

1602
1602-1605 Lateinlehrer am Jesuitengymnasium in Dillingen; Abschluss des Philosophiestudiums mit dem Magister Artium (M.A.)

1603
Erfindung des Pantographen (Storchschnabel)

1605
Herbst 1605-1609 Theologiestudium in Ingolstadt; am 30. Juni 1609 Abschluss mit der Disputation (Dr. theol.)

1609
14. März 1609 Subdiakonenweihe in Eichstätt durch Weihbischof Marcus Lyresius
4. April 1609 Diakonenweihe in Eichstätt durch Weihbischof Marcus Lyresius
18. April 1609 Priesterweihe in Eichstätt durch Weihbischof Marcus Lyresius
6. Oktober 1609 - 10. September 1610 Terziat in Ebersberg; Instructor: Pater Johannes Pelecius SJ

1610
15. Oktober 1610 Immatrikulation an der Universität Ingolstadt: 1610-1617 als Nachfolger seines Lehrers, Pater Johannes Lantz SJ,
Professor für Mathematik (Astronomie) und Hebräisch

1611
Bau eines Fernrohrs nach dem Vorschlag Keplers in der Schrift "Dioptrice".
Im März Entdeckung der Sonnenflecken zusammen mit Cysat.
Zunächst beobachteten sie die Sonne bei dichtem Nebel. Dann fertigten sie nach Cysats Einfall farbige Gläser an, wie sie auch die Seefahrer benutzten und wie es schon Apian vorgeschlagen hatte.
Im November und Dezember schreibt Scheiner die drei Briefe an Welser in Augsburg.

1612
Im Januar sind die Briefe unter dem Pseudonym Apelles im Druck.

1613
Bau des ersten astronomischen Fernrohrs mit einem Stativ.
Bestimmung der Sonnenrotation aus der Fleckenbeobachtung.

1614
Lochers Dissertation über die verschiedenen Weltsysteme mit einer Mondkarte und der Beschreibung des Fernrohrs.

1617
31. Juli 1617 letzte Gelübde (P 4) in Ingolstadt bei Pater Rektor Johannes Manhart SJ

1619
1619-1620 Professor in Innsbruck; Baubeginn der Jesuitenkirche
Untersuchungen des Auges.

1620
Herbst 1620 bis Frühjahr 1621 Professor der Mathematik in Freiburg im Breisgau.

1621
Im Frühjahr nach Innsbruck als Beichtvater für Erzherzog Karl.
Am 16.10.1621 Denkschrift für den Kirchenbau in Innsbruck.
Herbst 1621 in Wien.

1622
nach Neisse.

1623
Superior am neugegründeten Jesuitenkolleg in Neisse (Eröffnung am 23. April 1623)

1624
September 1624 in Rom (dort blieb er bis 1633).

1630
Beobachtung eines Halo-Phänomens in Rom
Rosa Ursina sive sol

1633
in Wien

1635
1635-1636 in Wien als Beichtvater

1636
nach Neisse

1650
18. Juli 1650 gest. in Neisse (Provinz Böhmen)


siehe auch:


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