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Siegfried Hofmann:
Ingolstadt und die Mission
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 
Im Ingolstädter Kolleg hatte die Begeisterung für die Mission in fernen Ländern bereits früh Fuß gefaßt. Petrus Canisius erklärte sich wiederholt bereit, nach »Indien« (als Inbegriff sämtlicher Missionsgebiete) zu gehen.
Als Provinzial der Oberdeutschen Provinz wollte er wenigstens einige deutsche Jesuiten in die Mission senden (Brief vom 13. Dez. 1561 an Salmeron, Rom), stimmte aber damals - 1562 - wegen des dringenden Bedarfs in Deutschland nicht zu (A. Huonder, S. 17.).

Noch im ausgehenden 16. Jahrhundert wurden in Ingolstadt wie auch in Dillingen, München und Augsburg Berichte aus Japan gedruckt.

Missionare aus Ingolstadt im 17./18. Jh.

1615 entfachte dann P. Nikolaus Trigault am Hof in München wie im Ingolstädter Kolleg eine Missionsbegeisterung sondergleichen.

1616 wurden aus einem großen Bewerberkreis 4 Deutsche aus dem Ingolstädter Kolleg ausgewählt: Andreas Agricola aus Engen für Paraguay, Kaspar Rues aus Haunstetten bei Augsburg, Ferdiand Reinmann aus Meran und Michael Durst aus Augsburg, alle drei für Peru.
Allein aus Ingolstadt gingen 1615 - 1616 etwa 40 Bewerbungen an den General (A. Huonder, S. 13.). (s.u.: Missionare 1616)

In Ingolstadt verhielt man sich von offizieller Seite ob solcher Begeisterung zurückhaltend, dies galt auch für P. Jakob Rem. So kam es, daß nach Huonder von 1600 bis 1620 nur 11 und von 1620 bis 1670 nur etwa 20 deutsche Missionare ausgesandt wurden (A. Huonder, S. 14.).
Zur eigenen Sorge kam ein restriktives Verhalten der spanischen und portugiesischen Könige (A. Huonder, S. 11.).

In der Folge erwarben sich deutsche Missionare nicht zuletzt als Wissenschaftler an den Höfen in Peking, Cochinchina und im Reich des Großmoguls größtes Ansehen.

In vielen jungen Leuten des Ingolstädter Kollegs war die Bereitschaft ausgebrochen, in die Mission zu gehen, nur einem Teil wurde dies gestattet. Doch suchten auch Arrivierte, Professoren etwa, um die Entsendung nach. Die Bandbreite reichte von Brüdern als Handwerker bis zu Letzteren, die an der Universität oder im Kolleg tätig waren.

Ignatius hatte in den Ordenssatzungen einen entsprechenden Bildungsstand für Missionare nach Möglichkeit vorausgesetzt:
»Wenn an einem Kolleg oder an einer Universität der Plan gefaßt wurde, Hilfskräfte zu den Mohren oder Türken auszurüsten, so wäre die arabische oder chaldäische Sprache angemessen, zu den Indern die indische, und ebenso können für andere Gegenden andere Sprachen um ähnlicher Gründe willen von größerem Nutzen sein.«

Einige von ihnen hatten überörtliche Berühmtheit erlangt:

Adam Aigenler und Beat Amrhyn

Am 22. Dezember 1671 verließen zwei angesehene Professoren Ingolstadt, um nach China aufzubrechen: Adam Aigenler und Beat Amrhyn.
Adam Aigenler (geb. am 14. Okt. 1633 in Tramin in Südtirol, war seit 1666 Professor der Mathematik und des Hebräischen an der Universität (A. Huonder, S. 184),
Beat Amrhyn (geb. am 31. Okt. 1632 in Luzern) war seit 1661 Professor der Ethik (A. Huonder, S. 184), dann der Logik und schließlich der Scholastischen Theologie.
Beide - jeder ein ausgezeichneter Wissenschaftler - starben im Jahre 1673 auf der Überfahrt im Dienst der Pestkranken.
Der Weggang der geschätzten Universitätslehrer hatte die theologische Fakultät derart betroffen gemacht, daß sie beiden im theologischen Hörsaal ein Elogium anbringen ließen:
»Virorum apostolici Spiritus occasum luxit Asia et Europa siue Orbis vterque.«

Franciscus Storer

Franciscus Storer, ebenfalls Professor der Mathematik und der heiligen Sprachen in Ingolstadt (geb. am 17. Januar 1617 in Konstanz), brach im Oktober 1650 »ad Missiones Aethiopicas« auf, er war 1646 Magister der Philosophie und Professor und 1646 Professor der Mathematik und der heiligen Sprachen geworden.
Er ging nach Äthiopien, stand als »Wundarzt« am Abyssinischen Hof in hoher Achtung und starb dort 1662. (A. Huonder, S. 197.)

Eusebio Kino

Eusebio Kino (Qino) (geb. 1645 in Segno, Südtirol), der u. a. auch in Ingolstadt Mathematik, Astronomie und Geographie studiert hatte, schlug 1676 eine Mathematikprofessur in Ingolstadt aus, um 1678 nach »Neu-Spanien« berufen zu werden, 1681 traf er dann in Mexiko ein.
Kinos Lebenswerk war die Missionierung und Erforschung Kaliforniens. Er, der einstige Ingolstädter Schüler Adam Aigenlers, wurde zu dessen wichtigen Kartographen. U. a. entdeckte er (wieder) den Halbinselcharakter Niederkaliforniens. (A. Huonder, S. 110 f.)

Ignaz Kögler

Ignaz Kögler (geb. am 11.5.1680 in Landsberg am Lech, gest. am 30.3.1746 in Peking), hatte von 1712 bis 1714 in Ingolstadt den Lehrstuhl für Mathematik, alte Sprachen und Hebräisch inne, auch er bewarb sich um die Entsendung in die Mission und konnte 1716 nach China aufbrechen.
1720 wurde er Direktor des Astronomischen Amtes in Peking und erhielt damit die Leitung der Sternwarte und die Überwachung des chinesischen Kalenders übertragen.
Er war einer der großen Vermittler abendländischer Wissenschaft nach China, ohne sich der fernöstlichen Tradition zu verschließen. Seine Werke erschienen teils in lateinischer, teils in chinesischer Sprache. (s.a.: Yuzhi lixiang kaocheng)
Er, der Mandarin 2. Klasse, genoß auch in Zeiten der Verfolgung der Kirche das Vertrauen und den Schutz der chinesischen Kaiser. (A. Huonder, a.a.O., S. 189 f.).

Anton Gogeisl

Zu seinen Mitarbeitern zählte der einstige Ingolstädter Student Anton Gogeisl (geb. 30. Okt. 1701, gest. am 12. Okt. 1771 zu Peking). Er war 1736 nach China gegangen, wo er Mandarin, später Vorstand des Astronomischen Amts und Leiter der kaiserlichen Sternwarte wurde.
Wie Kögler war er einer der Verfasser des großen astronomischen Werks »I siang kao tscheng« (35 Bände). (A. Huonder, S. 186)

Dr. Siegfried Hofmann. Die Jesuiten in Ingolstadt. 1991.
Bearbeitet von Kurt Scheuerer, Ingolstadt, 2004

Literatur: Huonder, A., Deutsche Jesuitenmissionäre des 17. und 18. Jahrhunderts, Freiburg im Breisgau 1899


 

Missionare 1616

Fr. Johann Irling in einem Brief vom 24. Januar 1616 aus Ingolstadt an den General Vitelleschi:
»Es ist unglaublich, mit welchem Jubel die außerordentliche, am 23. Januar hier eingelaufene Botschaft Ew. Paternität, durch welche vier aus den vielen trefflichen jungen Leuten dieses Hauses für die Reise nach Indien bestimmt und ausersehen wurden, das ganze Colleg erfüllt hat. O ewig denkwürdiger Tag! Die Obern sahen sich gezwungen, bezüglich der Regel des Stillschweigens ein Auge zuzudrücken, damit die überströmenden Gefühle des Herzens einen Ausweg fänden.
Keiner konnte mehr ein Buch anrühren, keiner den gewohnten Geschäften nachgehen, keiner sich ruhig halten; ein Gedanke beherrschte alle, ein Wort war in aller Munde, eines beschäftigte alle: die unglaubliche Wohltat, welche durch die Aussendung jener glücklichen vier Mitbrüder unserer Provinz und diesem Colleg zuteil geworden. Traurig waren nur jene, die ihren eigenen Herzenswunsch noch unerfüllt sahen. Sie klagten laut ihre Unvollkommenheiten und still alles an, was etwa schuld sein mochte, daß eine so große Gnade ihnen noch vorenthalten blieb. Darunter gehöre auch ich Unwürdiger ...« (A. Huonder, a.a.O., S. 12 f.)

Kaspar Rues in einem Dankbrief vom 31. Januar 1616:
»Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich bin so voll des Jubels und außer mir vor Freude. Wahrhaft beseligt hat mich Ew. Paternität durch die so frohe Botschaft. Ich weiß auch nicht, was ich auf Erden Lieberes hätte vernehmen können. Ja ich gehe, ich fliege, wohin der gute Gott, wohin der heilige Gehorsam mich ruft. Nicht schrecken mich die blutige Mörderhand, nicht vermögen weder die Fluthen des unermeßlichen Oceans noch die wilden, grausamen Sitten der Barbaren, mich einen Augenblick in meinem Vorhaben wankend zu machen...« (A. Huonder, a.a.O., S. 13).

Dr. Siegfried Hofmann. Die Jesuiten in Ingolstadt. 1991.


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