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Petrus Canisius und die Widerlegung der Magdeburger Centurien
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 

Widerlegung der Magdeburger Centurien

Daß Petrus Canisius sich auch nach seiner Amtsenthebung als Provinzial dem Ingolstädter Kolleg verbunden fühlte, zeigt sein Engagement in den Auseinandersetzungen um die Universität, auf die an anderer Stelle eingegangen sei. Die Spannungen zwischen Hoffaeus konkretisierten sich vor allem an dem Auftrag der Widerlegung der Magdeburger Centurien.
Flaccius Illyricus hatte eine achtbändige nach Jahrhunderten eingeteilte Kirchengeschichte geschrieben, deren Gefährlichkeit für die Kirche von katholischer Seite unterschiedlich beurteilt, von Petrus Canisius aber sehr hoch veranschlagt wurde.
Canisius beabsichtigte freilich nicht, selbst in die Arena zu steigen, sondern dachte zunächst an Gelehrte in Rom, wie er am 7. Dezember 1560 an Kardinal Truchseß schrieb. In der Tat wurden dann auch die Jesuiten Salmeron und Ledesma beauftragt, eine Widerlegung zu schreiben.
Vorläufige erste Gegenschriften erschienen: die eine von Konrad Braun (1565), die andere von Wilhelm Eisengrein (1564), einem Vetter des Ingolstädter Theologen Martin Eisengrein, beide erschienen in Ingolstadt im Druck. Andere folgten, vor allem arbeitete der Augustiner Onofrio Panvinio an einem umfangreicheren Werk.

Da das, was vorlag, nicht hinreichend schien, ließ der Ordensgeneral Franz de Borja Petrus Canisius wissen, daß auf Wunsch des Papstes die Jesuiten möglichst schnell ein Buch gegen die Centurien vorlegen sollten, ohne sich auf alle Details einzulassen, und Canisius die Leitung und Redaktion übernehmen solle.
Bedrückt schrieb Canisius nach Rücksprache mit Theologen des Ordens an Borja: "Kaum einer der Unsrigen ist auch nur mittelmäßig in der Kirchengeschichte bewandert. Ebenso fehlen uns die nötigen Bücher; sie wären nur um hohen Preis und hier mit größerer Mühe als in Italien zu beschaffen. Mein eigener Mangel an Eignung muß in Betracht gezogen werden; denn da ich von den äußeren Sorgen für die Provinz sehr in Anspruch genommen bin, fühle ich einen ausgesprochenen Widerwillen gegen dieses eingehendere Studium. Dazu kommt, daß ich von Natur aus äußerst langsam und schwerfällig bin, wo es sich um wichtige schriftstellerische Arbeit handelt. Auch habe ich mit der Durchsicht des Römischen Katechismus zu tun, den P. Paul Hoffaeus ins Deutsche überträgt, jedoch noch nicht vollendet hat..." Canisius wies sodann darauf hin, daß die gewünschte Arbeit bereits von P. Onofrio Panvinio getan sei, man bräuchte dessen Werk nur in den Druck zu geben, verweigerte sich aber nicht grundsätzlich: "Gleichwohl lehne ich keine Arbeit ab, die ich als dem heiligen Gehorsam entsprechend erkenne."

Mitte November 1567 erging dann der endgültige Auftrag von Franz de Borja an Canisius, der dafür 1/2 Jahr von der Last der Provinzialleitung befreit sei. Ein halbes Jahr Freistellung aber konnte für ein derartiges Unterfangen nur ein Tropfen auf heißem Steine sein. Hinzu kam, daß Canisius auch in dieser Zeit für anderes in Anspruch genommen wurde: für Predigten in Ellwangen, die Versammlung der Prokuratoren in Rom etc.
Wieder zurück, hatte er wiederum die Aufgaben des Provinzials zu übernehmen, dazu Predigten in Augsburg usf., bis er dann 1569 des Amtes als Provinzial enthoben wurde.
 

Über Johannes den Täufer

Die Arbeit, die sich Canisius alles andere als leicht machte, zog sich in die Länge. Im Herbst 1571 erschien dann der 1. Band bei Sebald Mayer in Dillingen über Johannes den Täufer im Druck.
Noch vor dessen Erscheinen hatte Paul Hoffaeus an den Ordensgeneral Franz de Borja geschrieben: "Von allen Seiten betrachtet, scheint es nicht bloß nützlich, sondern auch notwendig zu sein, den hochwürdigen P. Canisius von seiner Arbeit an den Zenturien zu entheben. Er ist zu sehr in sie verstrickt und ist nicht imstande, sich loszumachen. Nie zufrieden mit dem, was er getan, wird er ganz erschöpft und verzagt und bittet, aus seinen früheren Werken eine Art Buch zusammenzustellen und es sofort zu veröffentlichen. Sozusagen ganz Deutschland weiß, womit er beschäftigt ist, und erwartet ein sehr großes Werk nach all der Zeit, die der Pater darauf verwandt hat. Unsere Patres in Dillingen sagen, das Werk werde diesen Erwartungen keinesfalls entsprechen, und zwar um so weniger, je länger es hinausgezogen wird. - Ich übergehe die Tatsache, daß er nicht einmal die erste Zenturie vollständig widerlegt hat, sondern sich nur mit vier Persönlichkeiten befaßt und die Streitfragen übergeht. Um also den verzagten und überbürdeten Pater, dessen Gesundheitszustand oft schlecht ist, zu retten und die Deutschen nicht zu lange auf die Folter zu spannen, nur um sie schließlich in ihren großen Hoffnungen zu enttäuschen, scheint es nötig, daß Eure Paternität P. Canisius ermahnen, sein Buch zu beenden oder einen Auszug daraus zu machen und sofort zu veröffentlichen, sich dann um die Zenturien nicht mehr zu kümmern und seine Zeit auf die Abfassung kleinerer Bücher, wie er sich geneigt fühlt, zu verwenden. Wenn das geschehen ist, kann P. Canisius das Amt des Provinzials wieder aufnehmen und ich irgendwo die Stelle eines Predigers versehen, zum Beispiel in Innsbruck, wo ich der Bevölkerung und der Regierung nicht unwillkommen zu sein meine."

Petrus Canisius sah bei allen Zweifeln und allem Wissen um das Verwiesensein auf die Hilfe Gottes die ganze Angelegenheit keinesfalls so desolat, wie er am 8. Dezember 1570 demselben Borja, der von Hoffaeus ganz anderes berichtet erhalten hatte, darlegte: "Ich habe einen großen Feldzug in dem Buch eröffnet, nicht nur gegen die Zenturiatoren, sondern auch gegen andere Neuerer, damit, wie es nötig war, die Widerlegung der Häresien vollständiger sei. Ich hoffe, daß durch Gottes Güte und die Billigung Euerer Paternität das ganze Werk nächsten Sommer vollendet sein wird, oder mit anderen Worten, daß ich mit dem, was ich jetzt unter meinen Händen habe, mit den drei Personen des Neuen Testaments, dem hl. Johannes dem Täufer, Maria und dem hl. Petrus, zu Ende komme. Ich bin bestrebt, mehr als gewöhnliche Mühe darauf zu verwenden, sie zu verherrlichen und gegen die Häretiker zu verteidigen. - Ich bekenne, oft gesündigt zu haben, indem ich zuviel Sorgfalt in meine Studien einschleichen ließ. Vielleicht plage ich mich mehr, als der Gegenstand rechtfertigt, wie zu genaue und skrupulöse Charaktere es tun, die nicht leicht mit sich selbst zufrieden sind und oft ihre Ansichten ändern. Möge der Herr mir auf die Fürbitte Eurer Paternität gnädig sein, und ich bitte demütig um Verzeihung und um eine Buße für diesen und alle anderen Fehler dieses Jahres."

Schwer mag zählen, was der eigene Bruder Theoderich am 1. Februar 1571 an den Ordensgeneral berichtete: "Der erste Band Dr. Canisius´ ist nun gedruckt und wird Eurer Paternität gesandt werden, damit Sie entscheiden, ob und wie andere Bände vorbereitet werden sollen. Einige zweifeln hier (in Dillingen) an der gründlichen Gelehrsamkeit des Buches und meinen, es sei mehr mit einem trefflichen Stil als mit trefflichen Beweisen ausgestattet. Sie glauben auch, daß die geistige Veranlagung des Paters für diese Art Schrifttum, die mehr scholastischen Scharfsinn denn eine flüssige Feder erfordert, nicht geeignet sei. Der gute Pater quält sich selbst mit dem Werk und plagt mehr als erträglich nicht nur sich selbst, sondern auch andere, damit das Buch den Forderungen des Gehorsams und den großen Hoffnungen der Katholiken entspreche. Vielleicht wäre es besser, nicht an die Herausgabe des zweiten Bandes heranzugehen, bis das Urteil der Öffentlichkeit über den ersten bekannt ist."
Und derselbe am 11. Mai 1571: "Die Anstrengung, die es kostete, den ersten Band P. Canisius´ herauszubringen, ist ungeheuer gewesen, und der Verfasser und seine Gehilfen waren nahe daran, ihr zu unterliegen. Gebe Gott, daß er sich für die Veröffentlichung des zweiten Bandes eine glücklichere Arbeitsweise aneigne. Wenn ihm nur nach so vielen Jahren, die er anderen Dingen widmete, die Methode und Lehre der Scholastik noch geläufig wäre, würde seine Gesundheit nicht so oft in so großer Gefahr schweben. Nun aber ist der gute Pater nicht einmal nach der achten oder mitunter zehnten Durchsicht oder Korrektur zufrieden und ändert oft alles. Es möchte also sehr notwendig scheinen, wenn wir seine Gesundheit zu erhalten wünschen, daß er von seiner Arbeit befreit werde oder bei ihrer Fortsetzung eine andere Methode einschlage."
Und Hoffaeus nochmals am 8. Juni 1571 an Borja: "Ich möchte wünschen, daß Eure Paternität die Arbeit des P. Canisius gegen die Zenturiatoren wenigstens für den Rest des Jahres einstellen. Obwohl, was er schreibt, gut ist, ist es doch weder für ihn noch für andere dienlich, daß er allein für die Erwiderung verantwortlich sein soll."
Und an Nadal: "Ich möchte wünschen, daß ich darin und in anderen Dingen freie Hand hätte, über meine Untergebenen zu verfügen, und daß P. Canisius das wisse."

Weiter mit: De Maria Virgine

Dr. Siegfried Hofmann. (Formatiert von Kurt Scheuerer)


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