Logo Kurt Scheuerer, Ingolstadt Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Beatrix Schönewald:
Motive und Ansichten von Ingolstadt aus fünf Jahrhunderten
Geschichtlicher Hintergrund: Das 18. Jahrhundert

 
Die Auseinandersetzungen um die Nachfolge auf dem spanischen Thron stürzt Europa nach dem Tod des 11jährigen bayerischen Erben, dem Sohn des Kurfürsten Max Emmanuel in einen grausamen Krieg. Ein knappes Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden stehen erneut Truppen auf bayerischem Boden.
1704 bis 1714 steht Ingolstadt unter kaiserlicher Besatzung.

Drei wichtige Bauten entstehen im 18. Jahrhundert: 1723 ist der Baubeginn der Universitäts-Anatomie, beendet 1735. Sie beweist die Öffnung der medizinischen Fakultät für experimentelle Lehrweise. 1753 entsteht das Physikalische Kabinett an der Anatomie, ein Jahr später erfolgt die Errichtung eines Lehrstuhls für Chemie, Botanik und Arzneimittellehre. 1760 Einrichtung des Chemischen Laboratoriums, danach eines Observatoriums, in der Anatomie.
1777 wird der Botanische Garten bei der Anatomie nach dem Linnéschen System neu angelegt (Frühform der Entwicklungslehre).

Im Zuge der Gegenreformation gründeten die Jesuiten 1577 in Ingolstadt die Akademische Marianische Kongregation der Universität, die 1583 in die Congregatio maior und die Congregatio minor geteilt wurde. Später wurden hierin auch die Bürger der Stadt aufgenommen, die aber 1612 eine eigene "Bruederschafft unßer Lieben Frauen Mariae de Viktoria" gründeten und sich 1617-19 ein Oratorium gegenüber der Südseite des Münsters erbauten. Das Oratorium der Akademischen Kongregation befand sich zunächst im Jesuitenkolleg. 1732-1735 wurde ein eigener Bau in unmittelbarer Umgebung dieses Kollegs und der dortigen Kreuzkirche errichtet. Letztere ist leider im 19. Jahrhundert abgerissen worden und durch den Ziegelbau des Militärlazaretts ersetzt worden. Der Versammlungsraum wurde 1804 in Maria de Victoria umbenannt. Das Deckenfresko zeigt die Menschwerdung Christi.

In den Jahren 1736 bis 1740 beginnt Johann Michael Fischer den gewaltigen Bau der Augustinerkirche. Fischer, Baumeister, * 18.2. 1692 in Burglengenfeld (Oberpfalz) als Sohn des gleichnamigen Stadtmaurermeisters und Ratsherrn, † 6.5. 1766 in München (kath.). - Nach seiner Ausbildung als Maurer bei seinem Vater kam Fischer auf seiner Wanderschaft über Böhmen nach Brünn (Mähren). 1718/19 wurde er „Palier" beim Münchner Stadtmaurermeister und erwarb 1723 das bürgerliche Meisterrecht. - Fischer war der beste und fruchtbarste Kirchenarchitekt in der Blütezeit des Rokokos in Altbayern und zählt zu den Hauptmeistern des deutschen Spätbarocks. Auf seinem Grabstein an der Münchner Frauenkirche steht: „Er hat durch sein kunsterfahrne und unermüdte hand 32 gotteshäuser 23 clöster nebst sehr vielen palästen erbauet." Die Kirche wurde 1945 durch Bomben zerstört. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege befürwortete den Abriss der Ruine.
Von den zahlreichen übrigen Bauten Fischers, dessen Werk sich ausschließlich auf den Sakralbau beschränkt, verdienen vor allem die Pfarrkirche in Murnau (1721-27), die Augustinerkirche in Ingolstadt (1739; im Zweiten Weltkrieg zerstört) sowie die Klosterkirche Altomünster (1763 begonnen) besondere Beachtung.

Der österreichische Erbfolgekrieg (1740–1748) brach nach der Thronbesteigung Maria Theresias aus, da mehrere deutsche und europäische Fürsten die Pragmatische Sanktion nicht anerkannten, in der Maria Theresias Vater, Kaiser Karl VI., die Thronfolge in weiblicher Linie festgelegt hatte.
1743 wurde die Festung durch Kapitulation den belagernden österreichisch-ungarischen Truppen des Generals Bärenklau übergeben (bis 1745).

Aufhebung des Jesuitenordens im Jahr 1773
Die gewaltsame Aufhebung des Ordens, von den europäischen Fürstenhäusern betrieben, vollzog sich in mehreren Etappen: Seit1759 wurden die Jesuiten aus den einzelnen europäischen Ländern vertrieben. Im Juli 1773 zog dann Papst Clemens XIV. den Schluss-Strich unter diese Entwicklung und stellte das Aufhebungsdokument aus, das einen Monat später in Kraft trat. Der Papst wies darin zwar auf die früheren Verdienste des Ordens bei Vertiefung und Ausbreitung des Glaubens hin, betonte aber seine Pflicht, im Sinne des Friedens und zur Vermeidung von Streit und Zwietracht innerhalb der Kirche den Jesuitenorden aufzuheben. Eine umfassende Beweisführung über die den Jesuiten vorgeworfenen Verfehlungen erfolgte nicht.
An der Universität Ingolstadt blieben etliche Professoren aus dem Jesuitenorden lehrend tätig u.a. der Theologe Johann Michael Sailer (1751 – 1830) oder der Botaniker Franz von Paula Schrank (1747 – 1835).

In den Jahren 1771 - 1773 entstand das repräsentative Landschaftsgebäude in der Theresienstraße. Das Amtsgebäude wurde unter Verwendung älterer Bausubstanz nach Plänen des kurfürstlichen Maurermeisters von Ingolstadt, Veit Haltmayr, errichtet, Auftraggeber war die Bayerische Landschaft, die 1770 in den Besitz des auf dem Sandtner-Modell (1572/73) dargestellten Vorgängeranwesens gelangt war. Im 17. Jh. hatte dieses Anwesen als Gaststätte Bierwirten und ab 1700 Weinwirten gehört. Das neue Gebäude wurde für die drei in Ingolstadt vorhandenen landschaftlichen Ämter errichtet. Bis 1807 diente das Landschaftshaus seiner ursprünglichen Bestimmung, nach Aufhebung der Landschaft ging der Bau in den Besitz des Staates über.

Der Professor für Kirchenrecht und praktische Philosophie an der Universität Ingolstadt, Adam Weishaupt (1748 – 1830), gründet am 1. Mai 1776 den Bund der Perfektibilisten (auch Bienenorden), aus dem zunächst der „Bund der Illuminaten" und schließlich der „Illuminatenorden" entstand. Weishaupt gab sich den Illuminaten-Decknamen „Spartacus", nach dem altrömischen Sklavenrebellen. Durch Adolph Freiherr Knigges Beitritt 1780 erfuhr der Illuminatenorden bald reichsweite Verbreitung, wobei Knigge (Deckname: „Philo") neue Mitglieder besonders in den Reihen der Freimaurer anwarb.
Am 22. Juni 1784 wurde in Bayern der Illuminatenorden zusammen mit anderen Geheimgesellschaften durch Kurfürst Karl Theodor verboten. Alle Papiere des Ordens, derer man habhaft werden konnte, wurden veröffentlicht. 1785 erklärte Papst Pius VI. in zwei Briefen (vom 18. Juni und 12. November) an den Bischof von Freising die Mitgliedschaft im Orden als unvereinbar mit dem katholischen Glauben. Weitere Verbote durch Karl Theodor folgten am 2. März 1785, am 16. August 1785 und am 16. August 1787 - letzteres stellte die Rekrutierung von Mitgliedern für Freimaurer und Illuminaten unter die Todesstrafe. Viele Mitglieder wurden verhaftet, alle mit der Begründung, sie seien „notorische Freidenker". Unter Johann Joachim Christoph Bode fand 1785 die Ordenstätigkeit in der Weimarer Minervalkirche ihr Ende.
1785 floh Weishaupt aus Ingolstadt und ließ sich 1787 in Gotha nieder. Dort schrieb er einige Verteidigungsschriften. In Ingolstadt erinnert heute nur noch eine Gedenktafel an dem Gebäude, in dem sich der Versammlungssaal der Illuminaten befand, an den Orden. Das Gebäude befindet sich in der Theresienstr. 23 von Ingolstadt, mitten in der heutigen Fußgängerzone der Stadt.

Caspar Lavater (1741 – 1801) hält sich 1778 bei seiner Deutschlandreise auch in Ingolstadt auf und trifft Johann Michael Sailer, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird.
Internationales Ansehen verschaffte sich Lavater mit seinem Hauptwerk Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe (1775-1778 in 4 Bänden), an dem unter anderem auch Goethe mitarbeitete. Der Verfasser vertrat darin die Überzeugung, dass die hauptsächlich durch die Silhouette zu gewinnende Kenntnis der unbewegten Gesichtszüge des Menschen Aufschluss über den jeweiligen Charakter gibt. Die Physiognomik bildete demnach den einzigen Zugang zur Beurteilung des Wesens jedes Menschen, seines "dreifachen Lebens", das sich aus "Kraft" (Physiologie), "Verstand" (Intellekt) und "Herz" (Moral) zusammensetze.

Mit der Ankunft eines Pfälzer Regiments mit protestantischem Anteil im Jahr 1778 gibt es bald eine gemischtkonfessionelle Garnisonspfarrei bei St. Moritz und einen Simultanfriedhof bei St. Sebastian.

Napoleon vor Ingolstadt
Die Koalitionskriege (abgesehen vom ersten auch napoleonische Kriege genannt) dauerten von 1792 bis 1815. Sie standen in der Kontinuität der Konflikte, die durch die französische Revolution hervorgerufen wurden.
Bei vielen Forschern und geschichtlich Interessierten der Napoleonischen Epoche ist der Feldzug von 1796 vor allem wegen der spektakulären Erfolge des damaligen Oberbefehlshabers der französischen Italien-Armee, General Napoleon Bonaparte, bekannt. Weitaus weniger bekannt ist der Feldzug von 1796 in Deutschland, der eigentlich den Hauptstoß der französischen Revolutionsarmeen gegen das österreichische Kernland bilden sollte. Im Verlauf dieser Operation belagerten die Franzosen 1796 auch Ingolstadt. Obwohl weitgehend unbekannt, gehört der Feldzug von 1796 zu den interessantesten Operationen der französischen Revolutionskriege nicht zuletzt deshalb, weil der berühmte Bruder des deutschen Kaisers Franz II. von Habsburg, Erzherzog Karl hier seinen ersten großen Erfolg gegen die französischen Armeen verzeichnen konnte.
Der Feldzug von 1796/97 wurde aber nicht in Deutschland sondern wie erwähnt in den Ebenen Norditaliens entschieden, wo die spektakulären Siege Napoleon Bonapartes die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zogen. Moreaus erwähnter Rückzug durch das Höllental - in jenen Tagen eine logistische Meisterleistung - wurde diesem durchaus als Erfolg anerkannt.

1799 beginnt die Verlagerung der Universität von Ingolstadt nach Landshut. Die Diskussion um einen neuen Standort der Universität begann bereits ein halbes Jahrhundert vorher. Die Professoren setzten sich vor allem für die Hauptstadt München ein. Die auf Ingolstadt marschierenden Truppen Napoleons beschleunigten die Umzugspläne. Der spätere König Max I. Joseph bestimmte allerdings Landshut zum neuen Sitz, dort waren im Rahmen der Säkularisation ehemals klösterliche Gebäude freigeworden. Die Universitätsmobilien waren noch nicht alle umgezogen, standen die Franzosen bereits vor Landshut.

 

Dr. Beatrix Schönewald
Mit den Augen der Künstler - Motive und Ansichten von Ingolstadt aus fünf Jahrhunderten
Ausstellung im Stadtmuseum Ingolstadt 2006 zum Jubiläum 1200 Jahre Ingolstadt


Siehe auch:


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