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Baiuwaren
Exkurse zur Siedlungsgeschichte und Bevölkerungsentwicklung
in der Region Ingolstadt

Die Region im 3. und 4. Jahrhundert

Nach wie vor stellen diese immer noch wenigen römischen Funde die Hilfskonstruktion des chronologischen Gerüstes schlechthin dar, da die germanische Keramik und die zugehörigen Kleinfunde die hierfür nötige Signifikanz - noch - nicht besitzen. Solange keine Gräberfelder gefunden und untersucht und keine großflächigen Siedlungsbefunde dokumentiert sind, läßt sich noch kein Modell der Siedlungsverhältnisse im 3. und 4. Jahrhundert vorstellen.

Festzuhalten bleibt jedoch, daß sich eine kontinuierliche germanische Besiedlung auf siedlungsgünstigen Arealen nördlich der Donau andeutet, als deren Träger wohl der Stammesverband der Juthungen/Alamannen anzusehen ist. Der besiedelte Raum nimmt das südliche Albvorland, die Täler der Alb sowie den nördlichen Albrand ein. Ein Herrschafts- oder Machtzentrum von regionaler Bedeutung dürfte auf der »Gelben Bürg« bei Dittenheim (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen) bestanden haben. Die wenigen Belege vom Michelsberg bei Kipfenberg bedürfen der Bestätigung durch ergänzende Befunde. Damit spricht nichts dagegen, daß sich hier analoge Entwicklungen abgespielt haben, wie man sie im Dekumatland, dem alamannischen Kerngebiet, im selben Zeitraum annehmen kann.

Versucht man die von E. Keller auf der Basis der Grabbeigaben und der anthropologischen Untersuchungen G. Ziegelmayers vorgelegte ethnische Interpretation der ehemaligen Kastellbesatzung von Neuburg in Einklang mit der sich abzeichnenden Bevölkerungsentwicklung des nördlichen Vorlandes zu bringen, so gelangt man zu der Hypothese, daß die Mannschaften der Besatzung nicht nur, wie bisher angenommen, aus fernen Regionen rekrutiert wurden, sondern daß auch das »vor der Haustüre« vorhandene Potential genutzt wurde. (38)

Nachdem bislang außerhalb der militärischen Einrichtungen der späten Kaiserzeit südlich der Donau keine landwirtschaftlichen Betriebe gefunden werden konnten, ist auch denkbar, daß die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln von den Siedlern nördlich der Donau sichergestellt und daß diese Versorgungsgüter von der Besatzung der Kastelle und der Burg durch Tauschhandel mit römischen Sachgütern erworben wurden. Dabei könnten Münzen, zwar nicht als Zahlungsmittel, so doch als Tauschobjekte, eine Rolle gespielt haben. Die Bevölkerung nördlich der Donau wäre dann allerdings strenggenommen nicht als Föderaten oder Laeten anzusprechen, da dafür eine Ansiedlung auf römischem Reichsboden Voraussetzung wäre.

Auf das Interesse Roms am Verkehr über die Grenze könnte auch die Ortsnamenstradition von Pfünz hinweisen. Hinter diesem Namen verbirgt sich doch wohl - wie bereits von F. Winkelmann angenommen - das Lateinische pons, pontis, das die Funktion des Platzes bezeichnet. (39) Der Bau und die Unterhaltung von Brücken als zweckdienliche und zeitsparende Einrichtungen des Fernverkehrs waren der germanischen Welt eher fremd. Man benutzte meist natürliche Furten bzw. bei größeren Gewässern die Fähre. Für Pfünz wäre denkbar, daß Rom an der Funktion des wohl noch vorhandenen mittelkaiserzeitlichen Brückenübergangs großes Interesse hatte. Fundmaterial des 4. und 5. Jahrhunderts aus dem direkten Umfeld des antiken Flußübergangs stützt diese Vermutung. Die Namenstradition ließe sich damit jedenfalls plausibel erklären.

In diesem Zusammenhang ist auch ein Blick auf den römischen Brückenübergang im Wellheimer Trockental bei der Feldmühle interessant. Die ursprünglich römische Brücke aus dem 1. Jahrhundert war dort in der mittleren Kaiserzeit, möglicherweise bedingt durch den aufwendigeren Unterhalt, im 2. Jahrhundert in eine befestigte Furt umgewandelt worden. (40) Zwei germanische Fibeln des wohl späten 4. Jahrhunderts belegen die Nutzung des regional sicherlich bedeutenden Verkehrsweges über die mittlere Kaiserzeit hinaus (Taf. 7, 4 u. 5) (41)

Auf der weiteren Strecke nach Dollnstein deuten zwei Fibelfunde auf einem bronzezeitlichen Grabhügel bei Konstein die Nähe einer Siedlung, zumindest aber eine Begehung dieses Talabschnittes an (42) (Abb. 13 u. 14). Es könnte sich möglicherweise um die Beigabe eines zerstörten oder unerkannten Brandgrabes handeln. In ihrer Fortsetzung nach Norden stößt diese Straßenverbindung bei Dollnstein auf die in der mittleren Kaiserzeit bedeutende Fernstraße Weißenburg-Nassenfels. Diese Trasse führte in die Treuchtlinger Bucht und ins Weißenburger Becken sowie ins Vorland der Alb mit der »Gelben Bürg«, ein nachweislich bevorzugtes Siedlungsgebiet des 4./5. Jahrhunderts. (43)

Auch wenn vom Altmühlübergang bei Dollnstein bislang noch kein einziger archäologischer Fund bekannt ist, könnten sich dort Traditionen verbergen, auf die auch die folgende Beobachtung hinweisen könnte: Der Meierhof von Dollnstein liegt an der Römerstraße im unmittelbaren Vorfeld des ehemaligen römischen Flußübergangs. Bis ins 19. Jahrhundert lag die Pflicht zum Bauunterhalt der Brücke beim Meierhof. (44) Unmittelbar am Übergang befindet sich ein mittelalterlicher Ansitz, bei dem es sich im Kern um denjenigen des frühen Ortsadels handeln könnte, auf den auch der Meierhof zurückgehen dürfte. Es bleibt zu hoffen, daß bei zukünftigen Baumaßnahmen sich die Gelegenheit bietet, archäologische Befunde zu erheben, die die hier vermutete Tradition bestätigen oder widerlegen werden.

Auf mögliche wirtschaftliche Beziehungen des Weißenburger Raumes zur römischen Donaugrenze hat auch L. Wamser hingewiesen. (45) Die Instandsetzung einer alten Römerstraße im Bereich einer germanischen Siedlung bei Schambach/Treuchtlingen (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen) gab ihm Anlaß zu dieser Vermutung. Nicht weit hiervon entfernt, sozusagen an der südlichen Pforte der Treuchtlinger Bucht, befindet sich der kleine Ort Dietfurt, dessen Name auf eine im Frühmittelalter überregional bedeutende Fernverbindung hinweist. Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch der Blick auf den östlichen Teil des Bearbeitungsgebietes zu richten. Inwieweit sich die Fernverbindung des »Dietweges« im Ottmaringer Tal über das dortige Dietfurt in diese Überlegungen einbinden läßt, muß zunächst offenbleiben. Auffallend ist jedenfalls, daß sich auch entlang dieses Altwegs eine Reihe einschlägiger Fundplätze nachweisen läßt. (46)

Zuletzt sei noch auf die diversen Donauübergänge bei Stepperg, Neuburg, Mailing, Großmehring, Vohburg und Pförring hingewiesen. Die Furt bei Großmehring und der Fuhrbetrieb bei Pförring waren wohl noch im Hochmittelalter von so großer überregionaler Bedeutung, daß sie bei der Abfassung des Nibelungenliedes Erwähnung fanden. Der Exkurs in die Wege- und Verkehrsgeschichte kann hier nicht fortgesetzt werden. Eine Vertiefung des Themas stellt sicherlich noch immer ein Forschungsdesiderat dar, wie es F. Winkelmann 1918/19 bereits skizziert hat. (47)

Die Gruppe Friedenhain in der Region Ingolstadt

»Irgendwann um 400« sieht Th. Fischer nach seinen Untersuchungen in Regensburg den Beginn einer in ihrer Bedeutung noch nicht abzusehenden bevölkerungsgeschichtlichen Entwicklung. Er bezeichnet damit das Erscheinen des Keramiktyps, dessen eponyme Fundorte Friedenhain-Prestovice sind. Blickt man auf die Verbreitungskarte dieser Keramik, die Fischer 1987 entworfen hat, (49) so stellt man fest, daß das Ingolstädter Becken zwar in der Mitte des damals bekannten Verbreitungsgebiets liegt, daß Fischer aber erst vier Fundorte in der Region anführen konnte. Man durfte also gespannt sein, wie sich der Fundanfall weiter entwickeln würde. (50) Charakteristisch für die Gruppe Friedenhain ist ausschließlich die Keramik, und darunter ist es wiederum weitgehend nur eine Form, die maßgebend ist.

Es sind jene offenen flachen Schalen, die am Fundort Friedenhain als Urnen zur Aufnahme des Leichenbrandes gedient haben. Sie sind meist dunkelbraun bis tiefschwarz gehalten und oberflächlich matt bis glänzend behandelt. Gelegentlich findet sich ein Graphitüberzug. Der Umbruch ist entweder in Form schräger Kanneluren oder mit Horizontaldellen gestaltet. Dazu kommen Zierelemente etwa in Form von Keilstichen und Bändern. Die Siedlungskeramik hat dagegen allgemein »elbgermanischen« Charakter. Die Grobkeramik unterscheidet sich von der Feinkeramik durch ein deutlich gröberes Magerungsmittel. Hierbei wurde sowohl Quarz- und Kalzitsand bzw. Kalkgrieß verwendet. Bei einer Lagerung in saurem Milieu wird die Kalkmagerung gelegentlich oberflächlich angelöst oder gänzlich ausgelöst. Dadurch erhält die Keramik eine poröse Konsistenz. Ein weiteres Charakteristikum ist der durchweg harte Brand. (51)

Die fundgeschichtlich ältesten Belege des Untersuchungsraumes stammen aus Kipfenberg/Michelsberg und aus einer römischen Bauruine bei Großmehring. (52) Während in Kipfenberg kein neues Fundmaterial anfiel, können von einem zweiten Fundplatz aus der Flur »Auf der Wiege« in der Gemarkung Großmehring östlich des Ortes Neufunde verzeichnet werden (Abb. 16). Es gibt wegen des allgemein elbgermanischen Charakters dieser Keramik allerdings keinen zwingenden Grund, sie ausschließlich der Gruppe Friedenhain zuzuweisen. Eine Zeitstellung im 4. Jahrhundert ist in gleicher Weise denkbar.

Bei den neueren Untersuchungen im Umfeld des spätrömischen Kastells auf dem Neuburger Stadtberg konnten weitere Keramikfunde geborgen werden, welche die bisherigen Belege ergänzen. Von einer Fülle bzw. einem Überwiegen dieses Keramikhorizonts, wie es etwa in Regensburg beobachtet wurde, kann allerdings nicht die Rede sein. (53)

Eine bemerkenswerte Entwicklung hat sich bei der Auswertung des Fundgutes der Eichstätter Domgrabung abgezeichnet. Im Rahmen ihrer Magisterarbeit hat A. Kessler den Fundbestand an Friedenhain-Keramik deutlich vergrößern können. (54) Neben einer größeren Anzahl an Siedlungskeramik, die vorwiegend aus typischen Kumpfformen besteht, wurde verzierte Ware von verschiedenen Gefäßformen festgestellt (Taf. 8-10). Darüber hinaus wurde das Fußfragment einer Eisenfibel mit Nadelrast vorgestellt, welches Ähnlichkeiten mit der unten zu nennenden Fibel aus Kemathen besitzt (Taf. 9, 4). Weiteres elbgermanisches Fundmaterial wurde in den vergangenen zehn Jahren bei diversen Ausgrabungen im Stadtgebiet von Eichstätt geborgen, welches eine wohl ausgedehnte Siedlung belegt (ohne Abb.).

Nach der Betrachtung der bereits bekannten Fundplätze seien im folgenden die Neufunde vorgestellt. Eine Siedlung mit Funden der Gruppe Friedenhain wurde 1978 anläßlich der Neutrassierung der Ortsumgehung Pfünz entdeckt. Im Erdaushub des Straßenabschnittes, der nördlich der Altmühl das sogenannte Stadtfeld durchschneidet, wurde durch den Verfasser im überwiegend hallstattzeitlich zu datierenden Fundmaterial ein Keramikensemble ausgesondert, welches typische Merkmale vom Typ Friedenhain aufweist (Taf. 11-13). Der Hinweis auf diese germanische Komponente ist dem damaligen Gebietsreferenten des BLfD, R. A. Maier, zu verdanken. Auf die Fundstelle in direktem Kontakt zum antiken Altmühlübergang wurde bereits oben Bezug genommen, da von dort auch spätrömische Funde vorliegen.

Böhming ist bislang vorwiegend als Kastellort bekannt geworden. Erst in jüngster Zeit haben sich Belege nahezu aller kulturgeschichtlichen Epochen nachweisen lassen. Dies gilt auch für die Jahrhunderte nach dem Limesfall. Die Fibel aus dem Fundbestand Winkelmanns wurde bereits oben diskutiert. Bei der Beobachtung neuerer Grabungen im Kastellbereich, im Vicusbereich und im alten Ortskern von Böhming sind bislang keine einschlägigen Befunde beobachtet worden. Dagegen können Beobachtungen aus einer Neubausiedlung von der Ostseite des Dorfes vorgestellt werden. Bei der Untersuchung einer Baugrube im Jahr 1980 (Am Brühl 16) konnte erstmals germanisches Keramikmaterial aufgelesen werden, welches an vergleichbare Funde des 4./5. Jahrhunderts erinnerte. (55) Durch jahrelange Fundbergung im Garten des Grundstückes konnte der Bestand erheblich vermehrt werden (Taf. 14 u. 15).

Im Jahr 1990 ergab sich die Gelegenheit, im Nachbargrundstück (Am Brühl 14) die dortige Baugrube zu untersuchen. Im Gegensatz zum Befund der Baugrube »Am Brühl 16«, wo hauptsächlich hallstattzeitliches Material anzutreffen war, überwogen dabei germanische Siedlungsbefunde. (56) Der Keramikbestand zeigt nach der bisherigen Analyse wohl eine alamannische Siedlung des 4. Jahrhunderts an (Taf. 16). Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß die schräg kannelierten Gefäßformen ergänzende Belege für die Gruppe Friedenhain darstellen (Taf. 16, 3-5). Vielleicht ermöglichen zukünftige Aufschlüsse eine Klärung der Frage, inwieweit das Umfeld dieser Fundstellen den Ort der spätantiken bis frühmittelalterlichen Siedlung schlechthin darstellt. Das Fragment eines Knickwandbechers nährt diese Vermutung (Taf. 14, 6).

Wie oben bereits erwähnt, sind aus dem nahen Kipfenberg keine neuen Funde beobachtet worden, obwohl in den vergangenen Jahren nahezu jede Baumaßnahme kontrolliert wurde. Demnach hat es den Anschein, als hätte es dort keine Ansiedlung gegeben.

Ein Ergebnis von sicherlich gewichtiger Bedeutung erbrachte eine Untersuchung, die 1990 anläßlich einer Flurbereinigungsmaßnahme in der Ortsflur von Kemathen, einem Ortsteil von Kipfenberg, durchgeführt werden konnte. Wegen eines bronzezeitlichen Gräberfeldes und Siedlungsfunden diverser vorgeschichtlicher Epochen in unmittelbarer Nachbarschaft waren im Gutachten der Bodendenkmalpflege baubegleitende Beobachtungen gefordert worden. Eine Überraschung in mehrfacher Hinsicht war es dann, daß auf dem zur Altmühlaue hin abfallenden Hang auf sandigem Substrat die Bestattung eines Kriegers aufgedeckt werden konnte (Abb. 15).

Abb. 15. Krieger von Kemathen
Im umgebenden Sediment war keine Grabgrube zu beobachten. Anhand der Verteilung der Beigaben ist jedoch an eine regelrechte Grabkammer zu denken. Der Tote war in gestreckter Rückenlage annähernd Nord-Süd-ausgerichtet niedergelegt. Zu seiner Linken lag eine breite Spatha, deren vergangene Scheide mit Silberknöpfen beschlagen war. Am Kopfende befand sich der Schild, von dem der kegelförmige Schildbuckel und die zugehörige Griffessel erhalten waren. Im selben Bereich lagen noch weitere Eisenfragmente, die als Bestandteile eines Pferdezaumzeugs anzusehen sind. Um den Leib hatte der Tote einen prächtigen, mehrteiligen Militärgürtel mit kerbschnittverzierten, bronzenen Beschlagteilen sowie eine Anzahl Silber- und Bronzenieten als Zierelementen. Am Gürtel hing wohl ein Lederbeutel mit Feuerstahl und Feuerstein als Inhalt. Die rechte Hand zierte ein offen überlappender Silberring. Am rechten Unterarm war ein zweireihiger Dreilagenkamm niedergelegt. Auf dem rechten Schlüsselbein fanden sich die zerbrochenen Teile einer großen eisernen Armbrustfibel. An ihrem Fuß hatten sich auf der Oxidkruste die Abdrücke eines Tierfells erhalten, wohl die Reste eines pelzbesetzten Mantels. Etwas abgesetzt vom Toten befanden sich auf der linken Körperseite die Speisebeigaben. Als römischer Import ist ein Sturzbecher aus grünlichem Glas mit Fadenauflage zu nennen. Daneben lagen die Knochen aus dem Rumpfbereich eines Jungschweines. Das Ensemble vervollständigen fünf Keramikgefäße germanischer Machart. Neben zwei Kümpfen, einem Becher und einer Tasse ist vor allem eine große Schale vom Typ Friedenhain besonders bemerkenswert.

Mit dem Militärgürtel als chronologischem Indiz ist damit ein erster geschlossener Fund als Datierungsansatz gegeben, der damit in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts läge. (57) Ohne eingehende Bearbeitung soll hier noch nicht im Detail auf den Befund eingegangen werden. Der Hinweis sei allerdings noch angebracht, daß es sich bei dem Grab offensichtlich um eine Einzelbestattung handelt. Nach den Befunden im direkten Umfeld der Bestattung ist jedoch zu schließen, daß der Tote innerhalb einer gleichzeitig bestehenden Siedlung bestattet wurde, die sich durch Hausstellen, Grubenhäuser und Abfallgruben zu erkennen gab. Das geborgene Fundmaterial ist reichlich, aber ohne außergewöhnliche Objekte. Die Aufarbeitung dieser Befunde bleibt abzuwarten.

Altmühlabwärts ist als nächster Fundpunkt Beilngries anzusprechen. Wie der Ausgräber M. Hoppe versicherte, fand sich bei Untersuchungen in der Flur »Kevenhüller Loch«, welche bereits im Ottmaringer Tal liegt, ebenfalls Keramik vom Typ Friedenhain. Dabei handelt es sich um einen von mehreren Fundpunkten entlang der Trasse des Rhein-Main-Donau-Kanals, der die Linie Altmühltal, Ottmaringer Tal und Sulztal verfolgt. Damit sind weitere Befunde angezeigt, die darauf schließen lassen, daß die Albtäler zu den bevorzugten Siedlungsplätzen dieser Gruppe zu zählen sind.

Der Blick ins Ingolstädter Becken läßt aus dieser Sicht Gemeinsamkeiten erkennen. Wie schon in Großmehring beobachtet, scheint bei den einschlägigen Fundstellen eine gewisse Affinität zu römischen Ruinenstätten zu bestehen. Als weitere Fundpunkte seien hier genannt das Umfeld einer Villa rustica östlich von Egweil (ohne Abb.). Eine vergleichbare Situation ist östlich von Wolkertshofen (Taf. 17, 1-4) gegeben und ebenso bei der römischen Villa auf dem Brunnbuck nördlich von Gaimersheim, die 1985/86 vom BLfD untersucht wurde (Taf. 17, 5-7). Nicht zuletzt sei hier auch Eichstätt genannt, wo im Umfeld des Domes eine römische Siedlung nachgewiesen ist.

Zu den Einzelfunden von charakteristischer Friedenhain-Keramik konnte an den genannten Orten mit Ausnahme von Kemathen bislang noch keine zugehörige Siedlung im Grabungsbefund dokumentiert werden. Ein Hinweis auf die Ausdehnung einer solchen konnte auf andere Weise bei der bisher wohl materialreichsten hier anzusprechenden Fundstelle westlich von Pförring gewonnen werden. Bei regelmäßigen Begehungen durch den Münchner Architekten H. Schleicher (gest. 1989) und seinen Sohn kam in den 80er Jahren eine stattliche Anzahl an Fundgegenständen zusammen (Taf. 18-25). Der Fundkomplex ist nur geringfügig durchsetzt mit Objekten anderer Zeitstellung (Mittelneolithikum, Hallstattzeit, mittlere Kaiserzeit). Der germanische Fundstoff legt allerdings nahe, daß die Siedlung wohl vom 3. Jahrhundert bis ins 5. Jahrhundert kontinuierlich Bestand hatte. Im Gegensatz zu allen bisher genannten Fundplätzen konnte dieses Areal auch im Luftbild dokumentiert werden.

Bei den darauf sichtbaren Befunden handelt es sich wohl um Grubenhäuser und Siedlungsgruben, also Objekte von größeren Ausmaßen. Sie verteilen sich auf ein Gelände von ca. zwei Hektar Größe. Auffallend ist hier der weite Blick von der Mittelterrasse in die Donauniederung, eine übrigens vergleichbare Situation zu den Verhältnissen in Großmehring.


Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt, 99. Jahrgang, 1990
Karl Heinz Rieder, Ingolstadt 1991. S. 24-32.

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