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Kurt Scheuerer
Jakob Balde - literarische Sprache

 

Deutsche Literatursprache im frühen 17. Jahrhundert

In den protestantischen Gebieten
in Mittel- und Norddeutschland hatte sich,
entsprechend der Bibelübersetzung Luthers,
allmählich eine hochdeutsche Sprache herausgebildet.

Dagegen war in den herzoglichen Kanzleien
in Süddeutschland und Österreich
eine oberdeutsche Verkehrssprache entstanden,
die sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hielt.

Martin Opitz aus Schlesien (1597-1639)
forderte 1624 in seinem "Buch von der Deutschen Poeterey"
ein reines Hochdeutsch,
eine »natürliche« Metrik
und die Vermeidung modischer Fremdwörter.

Im protestantischen Gottesdienst stand das Wort an erster Stelle.
Zentrum der Gotteshäuser war die Kanzel.
Hier wurde das Evangelium verlesen, hier wurde gepredigt.
Auch die Gläubigen wurden
durch das sich besonders entwickelnde Kirchenlied mit einbezogen.
Getragene Weisen paßten zu ernsthaften Worten.

Oftmals wurde die Vergeblichkeit
des menschlichen Bemühens um irdisches Glück
und die Endlichkeit des gesamten Lebens
in Bezug auf das Jenseits dargestellt.

Die Lyrik von Andreas Gryphius (1616-1664)
fügte sich 1639 in eine strenge Form.
Er bediente sich
einer gehobenen deutschen Literatursprache.


Barocke Frömmigkeit

1549 waren die Jesuiten nach Ingolstadt gekommen.

In der Folgezeit versuchten sie,
den Menschen als Ganzes anzusprechen,
auf seinen Geist
und auf seine Sinne einzuwirken.

Dies führte schließlich zu dieser besonderen Ausprägung der Frömmigkeit
im bayerischen Barock:

Lichtdurchflutete, farbenfrohe Kirchen
mit kostbaren Stiftungen von Kunstwerken und Reliquien;
Gnadenbilder mit zugehörigen Wallfahrten;
die bevorzugte Verehrung Mariens und der Heiligen;
prachtvoll ausgestaltete Prozessionen mit lebenden Bildern,
sowie Theateraufführungen religiöser Werke,
immer unter weitgehender Einbeziehung der Gläubigen.

Jeder Mensch war aufgefordert,
aktiv im religiösen Sinne zu handeln.

Das Kirchenjahr wurde durch alle Jahreszeiten hindurch
zu einer fortgesetzten Festveranstaltung
im wiederholten Wechsel
von Buße, Leid, Trauer und Freude.

Vanitas und Fortuna,
dem vergeblichen Bemühen um irdisches Glück,
wurde das überirdische, jenseitige Glück gegenübergestellt.
Aus den Greueln des Krieges erhob sich der Blick
auf das himmlische Jerusalem.

Die süddeutsche Barocklyrik ist gekennzeichnet
durch ein sinnenhaftes Jubeln,
ein sich Freuen auf ein fröhliches, lichtes Paradies
mit ewigem Frieden und immerwährender frühlingshafter Jugend.

In kräftigen, dialektgebundenen,
und damit jeden ansprechenden Worten
beschreibt Jakob Balde den Lauf der Weltgeschichte.
Dem Untergang Roms im Bürgerkrieg
stellt er die Gegenwart,
den Untergang Deutschlands im Dreißigjährigen Krieg gegenüber.

Die gesamte physische Welt
und das gesamte menschliche Streben
- auch seine eigene Lyrik -
erkennt er als vergeblich.
Nur das Streben nach dem jenseitigen,
dem metaphysischen Ziel zählt.

Kurt Scheuerer, Text zur Balde-Lesung am 02.04.1995


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