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Siegfried Hofmann:
Das Oratorium der Bürgerkongregation Maria vom Sieg
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 
Foto: Kurt Scheuerer

Die Bürgerkongregation Maria vom Sieg erbaute sich bereits wenige Jahre nach ihrer 1612/13 erfolgten Gründung ein eigenes Oratorium in unmittelbarer Nähe südlich des Münsters, von dem nur noch Reste der Mauern erhalten sind. Am 4. Juli 1619 konnte das Oratorium geweiht werden. Auf die Bedeutung des auf den ersten Blick schlicht anmutenden Bauwerks hat Bernhard Rupprecht mit Nachdruck aufmerksam gemacht: Es war der erste freistehende Kongregationssaal in der Oberdeutschen Prozinz.

Bau
Mit dem von Säulen flankierten Portal stellte es nach Rupprecht den »interessanten Versuch dar, hohe Architekturformen aus dem höfischen Bereich mit der städtischen Bautradition ins Benehmen zu bringen.« Mit gutem Grunde denkt Rupprecht an einen Münchener Einfluß. Maximilian, der spätere Kurfürst, war jedenfalls in der Gründung der Kongregation wie in der Vorgeschichte der Errichtung des Oratoriums involviert, im Juni 1617 gab er die Erlaubnis und eine Finanzhilfe zum Bau. Im Auge zu behalten ist hierbei, daß Jakob Kurrer, der nicht unbedeutende Baumeister des Ordens, 1611 in das Ingolstädter Jesuitenkolleg eingetreten war.

Altäre
Die Kirche trat mit der Fassade an die Straße und war nicht geostet. 1623 wurde ein Altar, wohl der Hauptaltar, aufgestellt, 1632 folgten zwei weitere Altäre, ein dritter wurde 1633 konsekriert, vielleicht war der zuletzt geweihte sichtlich aufwendigere Altar an die Stelle des vielleicht provisorischen Altars von 1623 getreten. Schreiner war Ulrich Lempp, Maler wohl Ulrich Windberger, Bildhauer vielleicht Melchior Bendl, der damals für das Münster und die Hl. Geist-Spitalkirche Altarfiguren geliefert hatte.

Foto: Kurt Scheuerer

Innenraum
Eine spätere Beschreibung dieses Oratoriums scheint einer Fundierung in Quellen nicht entraten zu haben: 3 Altäre habe die Kirche besessen: den Hauptaltar mit dem Bild Marias vom Sieg, die den Drachen vernichtet, die beiden Seitenaltäre mit Bildern der Geburt Jesu und des Kreuzestodes. Über dem Hauptaltar habe das Monogramm Mariens geprangt, seitliche Inschriften hätten erst auf die Errettung Ingolstadts auf Belagerung und Verrat der Stadt 1632 und 1633 im Dreißigjährigen Krieg hingewiesen. Die Decke ist eine Kasettendecke gewesen, im Presbyterium seien zwei viersitzige Chorstühle gestanden. Das 1632 erworbene Bild der Geißelung Jesu stand sicherlich in Zusammenhang mit der Praxis der Geißelung in der Bruderschaft.

Kongregationshaus, Sakristei
1679/80 errichtete die Kongregation neben dem Oratorium ein eigenes Haus mit Ratsstube für Versammlungen und Sitzungen, Geißelstube für die Geißelungen in der Karwoche, Schränken für den kostbaren Besitz der Bruderschaft usf., den Bau hatte wohl der Maurermeister Albrecht Khrenner geführt. 1696 erweiterte man die Kirche nach Osten, wodurch die Sakristei in Wegfall kam, eine neue Sakristei wurde nun neben dem Oratorium errichtet, die Baumaßnahmen führte der Ingolstädter Stadtmaurermeister Rupprecht Planck. Zu einem heftigen Streit mit dem Pfarrer Unserer Lieben Frau Dr. Kherl kam es bei der Errichtung der Kanzel 1696. 1709 ließ man das alte Türmchen durch ein neues ersetzen.

Foto: Kurt Scheuerer Foto: Kurt Scheuerer

Barockisierung
1713 wurde dann das Oratorium barockisiert, der Ingolstädter Stadtmaurermeister, der »Statt und Collegii Mauermaister« genannt wird, führte die Baumaßnahmen, wobei es zu erheblichen Spannungen zwischen Bürgern und dem jesuitischen Präses gekommen war. Die Stuckierung war Jakob Egg in Eichstätt, die Freskierung Mathias Zünckh in Eichstätt übertragen worden. Der Praeses hielt in der Chronik voller Stolz fest, daß »khein ainziges Gottshäus dermahlen alhier zu finden, welches also schön ausgezieret seyn.«

Foto: Kurt Scheuerer
Neuer Hochaltar
Einen neuen Hochaltar erhielt das Oratorium 1717.
Das Hochaltarbild war gestiftet worden, die Bildhauerarbeiten lieferte Anton Joseph Machalky aus Stadtamhof.
Das erhaltene Altarbild zeigt Maria vom Sieg und die Seeschlacht von Lepanto.

In den Auseinandersetzungen zwischen Kongregation und Dr. Eckher, dem Pfarrer zur Schönen Unserer Lieben Frau, führte letzterer Beschwerde, daß das Postament aus 4 knienden Türken bestanden habe und diesen zuzuschreiben gewesen sei, daß Ingolstädterinnen Kinder mit Türkenköpfen geboren hätten.

 

 

Foto:
Altarbild mit Maria und dem Jesuskind - welches den Drachen besiegt - über der Darstellung der Seeschlacht von Lepanto.
Das Bild befindet sich derzeit im Barocksaal des Stadtmuseums.

Foto: Kurt Scheuerer

1721 finden sich Arbeiten des Stuckateuers Wolfgang Zächenberger verrechnet.
1723/24 erwarb man von Caspar König eine Orgel, 1753 zwei neue Seitenaltäre, für die Maximilian Schiffer die Bildhauerarbeiten und Franz Ignaz Franckh die Malerarbeiten lieferte.

Schiffskanzel
1756 folgte dann die Schiffskanzel des Schreiners Johann Michael Zängl und des Bildhauers Maximilian Schiffer gegen den heftigsten Widerstand des Pfarrers zur Schönen Unserer Lieben Frau Dr. Eckher. Der Kanzelkörper hatte die Form einer Galeere, sie hatte Takelage, Segel und Kanonenrohre aus Holz. Mit ihr wurde das Oratorium der Bürgerkongregation, die in Maria vom Sieg im Geschehen der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 (Nafpaktos am Golf von Korinth) ihr Patronat hatte, vollends zu einem «theatrum« der Seeschlacht. Man hatte in dieser Maria als die vermögende Fürbitterin und Beschützerin erfahren. Papst Pius V. erklärte bereits den 7. Oktober als Dankfest.

Tilly
Im Ingolstädter Geschehen des Jahres 1632 wurde Maria zur Retterin in den Nöten des 30jährigen Kriegs, die Kongregation gab eine eigene Gedenkmedaille heraus. Tilly, der 1632 in Ingolstadt verstorbene General des 30jährigen Kriegs, hatte seine Siege Maria vom Siege zugeschrieben. Sein Neffe Graf Werner von Tilly, Statthalter in Ingolstadt, hatte am 30. April 1632, dem Todestag des Generals, jenes »Denkmal des Siegs« der Schlacht vom Weißen Berge, das Papst Gregor V. dem General gesandt hatte, der Leibcornet des Generals an das Oratorium gegeben, wie letzteres hing man im Oratorium auch die Fahnen von Magdeburg und andere Kriegsfahnen auf. Einer mündlichen Tradition zufolge sei ein noch vorhandenes Elfenbeinkreuz das Schlacht- und Sterbekreuz Tillys. Zu den vielen Objekten einer reichen Ausstattung gehörte ein reicher Besitz kostbarer Goldschmiedearbeiten u.a. von Johannes Zeckl aus Augsburg, zu denen auch die »Lepantomonstranz« zählte.

Lepanto
Aufs Ganze freilich war das Oratorium ein «theatrum« der Seeschlacht von Lepanto. Im Hochaltar trugen, wie schon gesagt, vier kniende Türken das Bild Marias vom Siege, dargestellt ist ihr Eingreifen bei der Seeschlacht von Lepanto, in der »Lepantomonstranz« trug ein kniender Türke das Relief, das die Seeschlacht zeigte, die Schiffskanzel fügte sich ein. Maria als hilfreiche und mächtige Fürsprecherin und Helferin: Das war in der langen Zeit der Bedrohung des Abendlandes von bleibender Aktualität, die Schlacht von Lepanto ein Ereignis, das auch den handfestesten Bürger ansprechen mußte.

Dr. Siegfried Hofmann. Die Jesuiten in Ingolstadt, 1991, S. 68-71.


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