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Historischer Verein Ingolstadt
Ingoldesstat finden

 

Ingolstadt sucht das karolingische Kammergut

Konzeptpapier zur Gründung einer archäologischen Arbeitsgruppe

1. Der Anlass und das Umfeld

Ein neues Jubiläum kommt auf uns Ingolstädter zu. 2006 jährt sich die urkundliche Ersterwähnung Ingoldestatts zum eintausendzweihundertstenmal.

Das Jubiläum gründet auf eine in Abschriften überlieferte Urkunde. Darin wird eine Wirklichkeit angesprochen, deren materieller Niederschlag im Boden der heutigen Stadt so (noch) nicht aufgefunden worden ist: das karolingische Kammergut Ingoldestatt.

Diese Forschungslücke bedeutet nichts für die Forschung, alles dagegen für uns Ingolstädter Geschichtsbegeisterte.

Muss sich der Stadtarchäologe doch seit Jahr und Tag verspotten lassen, wenn er wieder einmal auf der Suche nach Ingolstadts frühestem Siedlungskern in der Profilgrube kniet:

Habts es jetz imma no ned gfundn?

Jetzt jedoch naht das Jubiläumsjahr und so manchem mag es bange werden ob der fehlenden materiellen Basis:

Jetzt woima 1200 Jahre Ingoldistatt feiern und hom nix in da Hand wia an Fetzn Papier?

Somit mag so manchem der Wert der Geschichtsforschung und insbesondere der Archäologie aufgrund dieses Mangels doch plötzlich einleuchten. Ansonsten mag sie so manchem nicht so wichtig erscheinen im täglichen Getriebe des Lebens, aber jetzt beim Jubiläum hätt´ man halt schon gern gewusst, wo´s war, die Ingoldestatt und vielleicht auch noch wie´s ausg´schaut hat.

Da kommt so manch einer dann vielleicht ins Sinnieren und macht sich seine Gedanken über die Vergangenheit im Allgemeinen und die von seiner Heimatgemeinde im Besonderen. Und wenn man alsdann ein Jubiläum feiern will, und das will man ja schon gern, dann wärs doch gut, wenn man nochmal richtig nachschaun könnte, wo und wie es vielleicht mal gewesen ist, damals beim Ingold, damit man sich auch ein Bild machen kann, worauf man dann auch ein bisschen stolz sein kann, als Ingolstädter. Und am schönsten wär es wenn dann einer von den Herrn Archäologen in ein Loch hineindeuten würde, sagen wir mal auf dem Rathausplatz, oder vielleicht auch in Feldkirchen und er würd sagen: Da war´s! Da hat der Ingold sein Firstbalken aufgstellt. Und sengs den schwarzen Dreck da. Da hat er seinerzeit hingesch... und jetzt hamman. Und dann kommt man sich doch fast ein bisschen vor wie ein direkter Abkömmling vom Kaiser Karl, dem Großen.

So mag also die Bedeutung der Stadtarchäologie im Angesicht eines heraufziehenden Stadtjubiläums neu bewertet werden. Es gilt also die Gunst der Stunde für die Ingolstädter und für die Ingolstädter Stadtarchäologie zu nutzen und in einer gemeinsamen Anstrengung den Versuch zu machen, das langgesuchte karolingische Kammergut Ingoldestatt doch noch zu finden.

Die Aufmerksamkeit der Stadtbevölkerung wird einem zu diesem Anlass gewiss sein.

2. Das Ziel

Deshalb schlagen wir vor, eine Arbeitsgruppe zu gründen, die drei Ziele verfolgt:
  1. mit allen der Archäologie zu Gebote stehenden Mitteln das karolingische Kammergut zu suchen und
  2. diese Anstrengung, die Freude an der Suche, die Verpflichtung und die Leidenschaft der Archäologie in der Öffentlichkeit zu präsentieren und
  3. dadurch das Interesse und die Begeisterung der Ingolstädter zu gewinnen und die Identifikation der Bürger für die Belange ihrer Stadt zu fördern.

3. Profil der Arbeitsgruppe

Die Arbeitsgruppe sollte einer möglichst großen Anzahl von Ingolstädtern die Mitarbeit an dieser Suche ermöglichen.

Die Beteiligung kann auf mehreren Ebenen erfolgen:
  1. Experten (Historiker und Archäologen, Öffentlichkeitsarbeit, Internet); eine Mitarbeit zugesagt haben bei den Vorgesprächen: Dr. Gerd Riedl, Dr. Jan Weinig, Dr. Birgit Friedel, Gerd Welker, Daniel Meixner; weitere Fachleute werden kontaktiert;
  2. ehrenamtliche Helfer (für Grabungstätigkeit, Funde waschen, Restaurierung, Präsentation, Dokumentation, Internet etc.) werden gesucht; mit der altbewährten Mannschaft des Historischen Vereins Ingolstadt wird gerechnet;
  3. finanzielle Unterstützer sollen mit dem Wachsen der Arbeitsgruppe und des Projekts angesprochen und gewonnen werden

Als Plattform für die Arbeitsgruppe wird der Historische Verein dienen. Hier hat ja eine Kerntruppe von ehrenamtlichen Helfern die Arbeit an historischen Projekten in Zusammenarbeit mit professionellen Wissenschaftlern bereits erfolgreich vorexerziert. Die Weckung des Interesses der Bevölkerung an historischen Belangen gehört seit eh und jeh zum programmatischen Hintergrund der Historischen Vereine.

Mit der angestrebten Fachkompetenz und der sicher vorhandenen Begeisterung besteht durchaus eine Chance, das karolingische Kammergut Ingoldestatt wenn nicht zu finden, so doch seine künftige Entdeckung zu fördern.

Interessierte Ingolstädter erhalten die Möglichkeit an einem konkreten archäologischen Projekt mitzuarbeiten und damit einen Beitrag zum Stadtjubiläum zu leisten. Sie können sich dauerhaft an einem längerfristigen Projekt beteiligen, ihre Ideen und Kompetenzen einbringen und erfahren aus erster Hand und direkt vor Ort wie Archäologie funktioniert und erleben den Kontakt zur historischen Substanz ihrer Heimatgemeinde.

So mancher mag sich auch für die Arbeitsgruppe interessieren, ohne die Zeit oder Möglichkeit zu haben, sich durch einen Arbeitsbeitrag zu beteiligen. Finanzielle Unterstützung des Projekts auf privater Ebene wird genauso notwendig sein wie aktive Mitarbeit. Wir wollen versuchen, private Sponsoren für die einzelnen Projekte der Arbeitsgruppe zu interessieren.
Hier sollte nicht zuletzt der Ingolstädter Mittelstand bei seinem sicher vorhandenen Lokalpatriotismus gepackt werden können.

Ein Schirmherr aus der lokalpolitischen Prominenz oder der einschlägigen Wissenschaft wird noch gesucht. Eine entsprechende Persönlichkeit wäre der Akzeptanz der AG auch bei dem Thema ferner stehenden Kreisen der Stadtbevölkerung sicher dienlich.

4. Vorstellbare Arbeitsfelder und Projekte

  • Zusammenfassung des Forschungsstandes auf allgemein verständlichem Niveau
    Literaturrecherche - Grabungsergebnisse
  • Erstellen einer publikationsfähigen Stadtkarte mit Inventar 6. - 12. Jh
    Eintragung von gegrabenen Bereichen (kommentiert)
    Eintragung von zerstörten Bereichen
    Eintragung von "heißen Zonen" (Verdachtsflächen)
    Veröffentlichung dieser Karte mit größtmöglicher Verbreitung
  • Herausgabe einer Einzelblätter-Reihe zum KKG (wie Archäologie aktuell)
  • Herausgabe einer populären Broschüre zum karolingischen Kammergut
    evtl. zunächst in Einzelblättern
  • Herausgabe einer wissenschaftlichen Publikation über die Stadtarchäologie der letzten Jahre
  • Veranstaltungen zur Stadtarchäologie (Podiumsdiskussion/Führungen/Präsentation neuester Funde)
  • Organisation einer Gruppe ehrenamtlicher Helfer für Grabungsarbeiten
  • Adressenkartei, Info-Veranstaltungen, Kontaktpflege
  • Einrichtung eines "Schaufensters für die Archäologie"
  • Grabungsbüro in einem leer stehenden Altstadtladen
  • Einrichten einer Dokumentationsgruppe Altstadtarchäologie
  • Dokumentation der Grabungsarbeiten durch eine Fotogruppe
  • Erstellen einer WEB-Seite "Karolingisches Kammergut Ingolstadt"
  • Baustellenschild: Wir suchen hier das Karolingische Kammergut Ingolstadt! 806 - 2006
  • Beteiligung am Umzug zum Stadtjubiläum 2006

5. Weitere Ziele und Nebeneffekte

Durch entsprechende Präsentation des Wirkens der Arbeitsgruppe könnte man auch eine weitere Sensibilisierung aller durch die Archäologie direkt und indirekt Betroffenen erreichen (Bauämter, Stadtplanungsamt, Grundbesitzer, Bauherren, Stadtrat).

Eine gesteigerte Medienpräsenz, das öffentliche Interesse und die Identifikation einer möglichst großen Gruppe von Ingolstädter Bürgern können den Belangen der Geschichtswissenschaft nur dienlich sein. Diese Faktoren sind starke Argumente um "die Politik" immer wieder an die Bedeutung der Vergangenheit für unser Bewusstsein der Gegenwart zu erinnern. Nur durch dieses öffentliche Interesse und durch die Identifikation der Bürger kann verhindert werden, dass in Zeiten des Sparzwangs der öffentlichen Hand die Archäologie in der Versenkung verschwindet und die allzeit drohende Zerstörung der historischen Bodenurkunden aus Unkenntnis und Nachlässigkeit hingenommen wird.

Es sollten neben den Mitgliedern des Historischen Vereins auch möglichst viele "außenstehende" Personen angesprochen werden. Vorstellbar wäre etwa eine Zusammenarbeit mit Ingolstädter Lehrern und Schülern der gymnasialen Oberstufen evtl. mit längerfristigen Projekten im Geschichtsunterricht oder Arbeitsgruppen (Fotogruppe, Internet). Gerade hier könnte ein formuliertes Projektziel und das anstehende Jubiläumsjahr sehr anregend für die Phantasie wirken. Für den historischen Verein könnte das Heranführen neuer und junger Interessenten von durchaus belebender Wirkung sein.

Wenns do is, dann find ma´s ah!

Oktober 2004, Verfasser: Hans Strobl


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