- Zum 100. Todestag von Gustav Schröpler
- (24. September 1901)
- Gustav Schröpler - Der Porträtist einer Stadt
- Vor hundert Jahren starb der "Kunstmaler" Gustav Ludwig Schröpler, dessen Werke ein wohl einzigartiges Porträt einer bayerischen Stadt im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bilden.
Sein Hang zum Detail, die stimmungshafte Darbietung, das behagliche Auskosten (Siegfried Hofmann) des Lebens und Treibens in den altertümlichen Straßen und Plätzen kamen der bürgerlichen Freude an der eigenen Stadt entgegen.
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- Nun hat Ingolstadt dank seiner besonderen Rolle als Universitäts-, zu Schröplers Zeiten als Militärstadt und Festung über die Lokalgeschichte hinaus immer auch eine besondere Rolle in der bayerischen Landesgeschichte gespielt, was Schröplers Darstellungen der Stadt über die rein lokale Bedeutung hinaushebt.
- Dass der Wert seiner Dokumentationen auch den Zeitgenossen bekannt war belegt ein am 19. Oktober 1891 vom "K. Festungs-Gouvernement" ausgestellter "Vorweis", den der Generalleutnant und Gouverneur von Sauer eigenhändig unterzeichnete:
"Dem Vorzweiser dieses, Herrn Maler Schröppler (sic) wird gestattet, Skizzen und Ansichten von malerischen Punkten der Festung zum Zwecke landschaftlicher Bilder aufnehmen zu dürfen.
Die Vervielfältigung solcher Skizzen ohne besondere Genehmigung ist jedoch ausgeschlossen und bleibt der Militärbehörde die stete Einsicht und Kontrolle der bezüglichen Aufnahmen durchaus gewahrt".
- Schröpler war ein "Zugereister", stammte aus Lobositz, in der böhmischen Bezirkshauptmannschaft Leitmeritz.
Dort war er als Sohn des Andreas Josef und der Josefa Schröpler, geborene Mann, am 12. April 1830 zur Welt gekommen.
Am 2. Juni 1856 hatte er Maria Magdalena Stahl aus Plan bei Eger geheiratet.
Das Ingolstädter Bürgerrecht erwarb er durch Beschluss des Stadtmagistrats am 5. November 1878.
Die vom "rechtskundigen Bürgermeister" Doll unterzeichnete diesbezügliche Urkunde hat sich erhalten, in der er als "Kunstmaler in der Stadt Ingolstadt" bezeichnet wird.
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- Schröpler betrieb ein regelrechtes "Geschäftslokal" im 1873/74 erbauten neuen Stadttheater am (heutigen) Rathausplatz, wo er sich "zu weiteren geneigten Aufträgen" empfohlen hatte.
Schröpler malte alles, wofür er Käufer finden konnte: Porträts, Fresken und vor allem Stadtansichten.
Eine ganze Reihe seiner Werke haben sich im Ingolstädter Stadtarchiv erhalten.
Mit Gustav Schröpler setzt ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Ingolstadt-Ansichten ein.
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- Es fällt auf, dass die ersten, die sich dem urbanen Fluidum dieser Stadt mit Feder und Pinsel zuwandten, Offiziere waren, die hier Dienst taten.
Nun geschah das Abkonterfeien der Stadt erstmals professionell durch einen aus Böhmen zugereisten Maler.
Es scheint, dass "Fremde", Zugereiste, einen untrüglicheren Blick für das Unverwechselbare der Stadt hatten (Siegfried Hofmann).
- Die Detailtreue gibt den Werken Schröplers eine Bedeutung, die sie über den künstlerischen Wert, der den anderer zeitgleicher Maler nicht übersteigt, hinaushebt.
Die Bilder werden zur zeitenüberdauernden Dokumentation der Stadt.
Seine Darstellungen mögen einst (nur)
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- liebenswürdig gewirkt haben - heute sind sie eine Herausforderung für die Städtebauer und Architekten.
Schröpler zeigt eine fast noch intakte Stadt - macht die Verluste an Stadttoren, Bürgerhäusern und Kirchen nach 1850 und die Eingriffe in die Stadtgestalt nach 1945 deutlich.
Und selbst das, was eigentlich nur verkaufsfördernde Staffage war - das spitzweghaft anmutende Fluidum mit Jägern, Offizieren und deren Damen - erweist sich als ein Festhalten der unverwechselbaren Atmosphäre der Garnisonsstadt.
- Sicher kann man die Aussage der Bilder nicht allein als das Verdienst des Malers betrachten.
Sie wären nicht denkbar gewesen, hätte Schröpler dafür nicht ein genügend großes Interesse gefunden, das ihm eine hinreichende Existenzgrundlage bot.
Es ging auch den Käufern um die Stadt, in der man sich so sehr zu Hause fühlte, dass man die Bilder ihrer Straßen und Plätze an die Wand hängte.
Man liebte sie auf idealisierende Weise.
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- Die Straßen scheinen bei Schröpler nicht selten in das warme Licht später Nachmittage getaucht, mit flanierenden Damen unter zierlichen Regenschirmen, mit spazierenden Herren in Gehrock und mit Zylinder, mit uniformierten Soldaten, die mit Dienstboten plauschen, die einen Augenblick lang in ihrer Arbeit, die Straße zu kehren, einhalten, mit Flaneuren vor den Geschäftsvitrinen, mit Ständen und Kutschen in den von prächtigen Bürgerhäusern
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- gesäumten Straßen.
- Ausgespart bleiben das Harte, die Armut, das zuweilen Bedrängend-Enge. Wo Alltäglichkeit ins Bild genommen wird, ist es eine gepflegte, behäbige, freundliche Alltäglichkeit. (S. Hofmann).
- Besonders wertvoll sind uns heute Schröplers Bilder Ingolstädter Straßen, etwa das der Ludwigstraße (heute Fußgängerzone).
Spätes Nachmittagslicht liegt auf der Straße und der südlichen Häuserfront.
Im Schatten steht das einstige Kastenamtsgebäude (das 1945 vom Krieg angeschlagen, wiederhergestellt und 1963 abgerissen wurde) mit den zwei wappenhaltenden und erkertragenden Löwen.
Die Straße, einst Auffahrt zum Schloss, war als langgezogener Platz urbaner Lebensraum.
Die Staffage mit Wagen, Kutschen, Bürgern lässt das Leben glaubhaft erscheinen.
- Ein anderes Bild vom Schliffelmarkt, der Blick in die Straße Am Stein um 1886, zeigt trefflich die Situation mit der Enge der Kreuzung wie der Straßen.
Der Schliffelmarkt als der Platz jener, die hier "schliffeln gehen", d.h. für eine Weile nicht zu tun haben als zu Stehen und zu Plaudern ist städtebaulich das Herz der Stadt.
Zur Rechten schiebt sich der Erker der oberen Apotheke herein, die alte Stadtpfarrkirche Sankt Moritz bietet dem Blick Halt, darüber der städtische, auf die Kirche sich stützende Pfeifturm, links der Glockenturm von St. Moritz, rechts die ehemalige Jesuitenbuchhandlung, die ab 1867 zum städtischen Leihhaus geworden war; zur Linken, mit Laternen über dem Eingang die Weinhandlung zur Blauen Traube und vorne das Paskolini-Haus mit volutem-geschmücktem Giebel und dem bei Ingolstädter Häusern verschiedentlich wiederkehrenden Turmerker.
- Einen prachtvollen Einblick in das Leben und Treiben des Holzmarktes zeigt Schröplers Bild von 1868 mit dem nicht ohne Grund "Schlössl" genannten hohen Haus mit geschwungenem Giebel im Hintergrund, das einst mancherlei Prominenz als Wohnstatt gedient, dann das Krankenhaus aufgenommen hatte und schließlich einem Krankenhausneubau (1868) hatte weichen müssen.
- Diese wenigen Beispiele mögen andeuten, warum Schröpler bei den Zeitgenossen beliebt war und für das Heute so wichtig ist.
- Nach seinem Tod am 24. September 1901 geriet er nicht in Vergessenheit.
Die Ingolstädter Zeitungen brachten wiederholt anekdotische Notizen aus seinem Leben, die ihn auch als ein Original ausweisen, wie auch die von ihm erhaltene Fotografie einen schalkhaften Charakter verrät.
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- In der Ingolstädter Zeitung vom 28. Juni 1927 heißt es:
- "Unser Schlossmuseum enthält ein altes Fahrrad, ein Hochrad aus den Anfängen dieses ‚Fortbewegungsapparates', das nach sicherer Überlieferung eigenhändig der Ingolstädter Maler Schröpler gebaut hat ... von dessen geschickter Hand das Museum eine ganze Reihe von Bildern und farbigen Zeichnungen besitzt.
Bei der Herstellung dieses Fahrrades habe ihm sein Freund Franz Illner Hilfe geleistet, der bis etwa 1883/84 Theatermeister am hiesigen Stadttheater war" und in dem Schröpler sein ¸Geschäftslokal‘ unterhielt.
"Wir betrachten mit einiger Rührung das uns heute seltsam vorkommende Vehikel, auf dem damals auch andere Ingolstädter junge Leute ihre ersten Fahrversuche machten ...."
- In einem Vermerk ("Schröpler, Gustav Ludwig, Kunstmaler") aus der Akte Schröpler im Stadtarchiv Ingolstadt findet sich der Eintrag:
"Nach dem Kunstmaler Schröpler ist die Straße, benannt nach Stadtratsbeschluss vom 25.07.1933, No.11...".
Heute liegt die "Schröplerstraße" in einem Viertel mit Namen von Künstlern, die mit Ingolstadt in besonderer Beziehung stehen.
Sie geht von der Asamstraße ab und verläuft parallel zur Altdorferstraße.
- Ingolstadt, Presseamt, 2001
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