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Texte im Stadtmuseum Ingolstadt - Raum 6
Handel und Wandel

Neue Techniken, Rohstoffe und Schmuckmaterialien

Zweifellos ist die Latène- oder Keltenzeit eine Periode großer Energien und Entdeckungen, deren Dynamik mit Wandlungen im Bereich der Wirtschaft, der gesellschaftlichen Ordnung und des Bewusstseins der Menschen in den mediterranen Hochkulturen übereingeht. Für die nordalpine Ausgangszone der Kelten wirkt dabei das stets von Süden nach Norden gerichtete generelle Kulturgefälle folgenreicher als je zuvor.

Neben der Einführung wirklich neuer Techniken wie der schnelllaufenden Töpferscheibe und der Drehmühle kommt es hier zur Intensivierung längst bekannter technischer Möglichkeiten wie etwa der Eisenmetallurgie und der Glasherstellung.
An der hiesigen Donaustrecke bieten die Oppida bei Kelheim und Manching gute Beispiele der Kombination von städtischer Wirtschaft und Eisengewinnung großen Stils: Bei Manching gibt es Eisenproduktion außerhalb und Eisenverarbeitung innerhalb des Oppidums, auf dem Michelsberg bei Kelheim wird ein Bergbau- und Verhüttungsrevier sogar in die Befestigung einbezogen. Hier herrscht wirkliche Eisenzeit oder Eisenkultur.

Zu den alten Handelsformen von Warenaustausch, von Naturaltausch, treten nun Geldtausch und Münzwesen als neue Wertform und als weiteres Charakteristikum der Stadtkultur.

Den Geltungsbereich solcher Handels- und Wertformen und die Rolle der Oppida als Produktionszentren und Umschlagplätze können Verbreitungskarten keltischer Eisenbarrentypen und Graphittonwaren mit schriftartigen Handelsmarken zeigen, wobei noch die Grenz- und Kontaktlage von Manching zu bestimmten Marktsituationen deutlich wird.

Stoffheiligkeit und Stoffwert

Graphittonhandel und Graphittonkeramik sind weitere Beispiele auffälliger Intensivierung oder Neuentdeckung altbekannter heimischer Rohstoffe durch die Kelten. Eisenschimmernder Glanz ist offenbar Ursache der eminenten Wertschätzung solcher Gefäße aus Graphitton (dem später so genannten Passauer Eisenton), die außerhalb technischer Erklärungsversuche bleibt und für magischen Stoffwert oder Stoffheiligkeit spricht.

Auch fremde, exotische Materialien wie Koralle, Bernstein und Lignit erfahren gewissermaßen eine Renaissance, die über reine Handelstatsachen hinausreicht. Die schmuck- und amuletthafte Verwendung dieser Naturalien deutet vielmehr ebenfalls auf magische Qualität.
Dazu kommen Kunststoffe wie Glas und Email von entsprechender Verwendung und Geltung. Auch das sind Indikatoren einer geistig bewegten Zeit, einer Periode allgemeinen Strukturwandels.

Dr. Rudolf Albert Maier, Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt, um 1980
Fotos: Kurt Scheuerer


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