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Texte im Stadtmuseum Ingolstadt - Raum 4
Schachthöhlen

 

Jüngervorgeschichtliche Nutzung
von Felshöhlen, Schachthöhlen und Felsspalten
als hallstattzeitliche Naturheiligtümer

Die Bergstufe der Schwäbisch-Fränkischen Alb bildet die Schwelle zwischen den Stromgebieten der Donau und des Rheins und trennte oft genug auch Kulturgebiete, Volksstämme und Völker in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Die dem niederen Kalkgebirge eigenen Karsterscheinungen haben aber auch zur Ausbildung merkwürdiger Nutzungsweisen und Bräuche um Höhlen und Felsspalten geführt, die wiederum mehrere Urgeschichtsepochen überdauerten und so verschiedenste Kulturausprägungen miteinander verbanden.
Nach der alt- und mittelsteinzeitlichen Höhlennutzung zu Wohnzwecken (oder besser zu nomadischem Hausen) werden nämlich während bestimmter einzelner Phasen fast alle späteren Zeit- und Kulturperioden solche Felshöhlen wiederum begangen oder belegt. Eine reguläre Dauerbesiedlung selbst günstig beschaffener, hallenartiger Höhlen ist jetzt freilich auszuschließen, allenfalls gelegentliche Zuflucht und Ausnahmebedingungen wäre denkbar, doch widerspricht dem die Fundstatistik.
Überdies gibt es brauchmäßige Wirkungszeugnisse in für Wohnzwecke ungeeigneten Schachthöhlen und Felsspalten: Regelhafte Funde menschlicher und tierischer Skelette sowie von Sachresten und eingebrachten Steinen, die eher den Charakter von Sonderdeponierungen als von üblichen Bestattungs- oder Siedlungsmaterialien haben. Hier wurden demnach periodische Opferungen vorgenommen mit Menschen und Tieren als wesentlichsten Opferobjekten, ferner mit (an den Menschenopfern befindlichen) Schmucksachen und Amuletten mit Tongefäßen und schließlich mit Einbringung von Holzkohlen oder Feuerbränden sowie schützende oder bannende Steindecken.
Die Opfertiere werden von Hausvieh und Wild genommen. Es gibt Zerlegungsspuren an Tierknochen, mitunter aber auch an Gebeinen des Menschen und damit Hinweise auf kultische Anthropophagie o. dlg. Nach Art und Umfang der Deponierungen kann es sich dabei nur um naturbezogene Gemeinschaftsopfer handeln.

Graphik: Stadtmuseum Ingolstadt
Graphik: Stadtmuseum Ingolstadt

Im weiteren Arbeitsgebiet des Museums und im Kartierungsbereich der obertätigen Urgeschichtsdenkmäler um Ingolstadt werden manche früheren Höhlenstationen der Alt- und Mittelsteinzeit im Wellheimer Trockental und Unteren Altmühltal während der Hallstattzeit erneut vom Menschen aufgesucht, zwei Schachthöhlen fallen klar in die Kategorie ur- und frühgeschichtlicher Opferplätze - die Silberlochhöhle bei Randeck sowie die hier in Grundriss- und Profilaufnahmen gezeigte Arnthöhle oder Arngrube bei Attenzell, die zugleich ein großartiges Naturdenkmal vorstellt.

Dr. Rudolf Albert Maier, Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt
Fotos: Kurt Scheuerer


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