- Die plötzlich freiwerdende metallurgische Schaffens- und Gestaltungskraft vermag zwar sogleich mit großer Sicherheit Kupfer und Bronze in erstaunlich vielfältige und schöne Formen zu zwingen, hat aber auch eine ebenso plötzliche Vernachlässigung der Töpferei zur Folge.
- Die Gefäßkeramik büßt ihre während des Neolithikums beinahe dominierende Stellung innerhalb des Kulturgefüges und die entsprechende Rolle in der archäologischen Quellenkunde beim Aufgang der Frühbronzezeit ein.
Erst gegen Ende dieser Phase und zu Beginn der Mittelbronzezeit vermag sich in der Zone zwischen Alb und nördlichem Alpenrand ein neuer Keramikstil auszubilden.
- Die erste Bestimmung und Erforschung dieses Keramikstils ist an zwei Fundorte im Umkreis von Ingolstadt gebunden, nämlich an die Große Schulerloch-Höhle bei Altessing im Unteren Altmühltal (nach Ausgrabungen und Fundmaterialien von 1914) und an die Gaimersheimer Lehmgrube Ernst südlich des Marktorts (nach Fundbergungen von 1941/42 und Publikation 1951/52).
- Das Vorgehen beim Benennen dieser Bronzezeit-Keramik ist zugleich Beispiel dafür, wie man sich bei der archäologischen Arbeit am Sachgut schriftloser Zeiten und für uns namenloser Kulturen bzw. Völker behilft.
- Hauptformen der Bronzezeit-Ware wie Gaimersheim sind feintonige Tassen und Krüge kleineren Formats von geschweiftem oder doppelkonischem Leibungsprofil mit englichtigem Bandhenkel, dann weite und niedere Schalen, die gleichfalls zur Feinkeramik von geringer bis mittlerer Größe zählen, ferner mittelgroße und oft mit Ösenhenkeln versehene Schultergefäße feinerer Machart, schließlich große Wirtschaftsgefäße gröberer Faktur von Tonnen- und Schlauchform.
Die Variation dieser Formen ist sehr groß.
- Neben plastischer Leistenzier und flächig-rauher Wandbetonung der Grobkeramik zeigt die Feinkeramik reiche geometrische Ornamentik in Ritz-, Schnitt- und Stichmanier, Kerb- und Stempeltechnik, der eingetiefte Mustergrund dient dabei oft zur Aufnahme weißer Inkrustation.
- Tonware des Gaimersheimer oder Schulerloch-Typus ist längs der gesamten Oberen Donau und des nördlichen Alpenrands verbreitet und steht so stilistischen Einflüssen aus dem Westalpengebiet wie aus dem mitteldanubischen Raum offen.
- Sie scheint in voller Ausprägung vom Ende der Frühbronzezeit bis weit in die Mittelbronzezeit zu dauern, in Ornamentstruktur und Ziermotiven sowie grobkeramischen Formen selbst noch während der Spätbronzezeit weiterzuwirken.
Es gibt da insofern Datierungsschwierigkeiten, als diese Keramik praktisch Siedlungsware vorstellt, d.h. auf Siedlungen beschränkt ist, die in der Regel arm an Bronzen sind, während sie in den vorzugsweise mit Bronzen ausgestatteten Gräbern der Zeit fehlt.
Die Synchronisierung beider Fund- und Quellengattungen fällt daher schwer.
- Es ist jedenfalls bemerkenswert, dass jetzt, da sich die Bronzen allgemeinhin in fortschrittlichen Typenreihen entwickeln, die Keramik wiederholt zu einem beharrenden und tradierenden Kulturelement wird, das für regionale Sonderausprägungen, Bevölkerungsgruppen und Geschichtsräume steht.
- Dr. Rudolf Albert Maier, Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt
- Fotos: Kurt Scheuerer
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