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Dr. Gerd Riedel:
Kammergut Ingolstadt

 
Man liest immer wieder, dass das Kammergut Ingolstadt eine karolingische Neugründung gewesen sei. Diese Aussage ist jedoch zu hinterfragen.

Man wird davon auszugehen haben, dass die villae (Staatsgüter) Ingolstadt und Lauterhofen zum Herzogtum Bayern gehört hatten, von diesem jedoch als Teil des Nordgaus durch fränkischen Zugriff 725/728 oder 742/43 bzw. 744/45 abgetrennt worden waren. Der Treueid, den Herzog Tassilo 757 in Compiègne Pippin und dessen beiden Söhnen zu leisten hatte, war vielfach als Lehenseid verstanden worden. 781 hatte Tassilo in Worms den Lehenseid erneuert, 788 war er dann abgesetzt worden. Wenn bei der am 6. Februar 806 verkündeten Reichsteilung von Bayern gesprochen wurde, „wie es Tassilo innehatte (Baiovariam sicut Tassilo tenuit)“, dann konnte sich diese Aussage nur auf das Tassilo zu Lehen überlassene Herzogtum beziehen. Dass dabei die beiden villae Ingolstadt und Lauterhofen ausgenommen waren, erklärt sich aus der bereits erfolgten Abtrennung des Nordgaus. Karl der Große hatte Tassilo auch mit diesen belehnt, jedoch hatte für sie sichtlich ein vom Herzogtum unterschiedenes Lehensverhältnis bestanden, das nach K. Reindel auf die Jahre 725/28 zurückreichen könnte. Herzog Tassilo scheint beide Lehen, das Herzogtum Bayern und die zum Nordgau gehörenden Höfe Ingolstadt und Lauterhofen bei seiner Absetzung im Jahre 788 verloren zu haben. Die genannten Höfe waren an Karl den Großen bzw. das Reich zurückgefallen.

Der am 6. Februar 806 verkündete Plan einer Teilung des Reichs unter die Söhne Karls des Großen, Ludwig, Pippin und Karl, sah u. a. vor: für Pippin Italien, Bayern, wie es Tassilo innehatte, aber ohne die diesem zu Lehen gegebenen villae Ingolstadt und Lauterhofen, Alamannien südlich der Donau u. a., für Karl Francia und Burgund außer dem Ludwig zugedachten Teil, Alamannien außer dem Anteil Pippins, Austria und Niustria, Thüringen, Sachsen, Friesland, den Nordgau als Teil Bayerns.

Dabei wurde deutlich, dass der Nordgau mit Ingolstadt und Lauterhofen Pippin vorenthalten wurde, um Karl den Weg nach Italien über den Nordgau mit dem Ingolstädter Donauübergang sicherzustellen. Der Zugang zur Donau in Ingolstadt scheint eine Alternative zu Neuburg gewesen zu sein. Die villae Ingolstadt und Lauterhofen spielen bei diesem Reichsteilungsplan eine für die Reichspolitik entscheidende Rolle.

Am 18. August 841 gab König Ludwig der Deutsche Abt Gozbald von Niederaltaich auf dessen Bitten für treuen Gehorsam Besitz in der villa Ingolstadt. Gozbald war von 830 bis 833 der königlichen Kapelle und Kanzlei vorgestanden. Er war auch nach 833 Ludwig dem Deutschen vielfach zu Diensten gestanden und 842, ein Jahr nach der Ingolstädter Schenkung, wohl auf Betreiben Ludwigs des Deutschen Bischof von Würzburg geworden und am 20. September 855 gestorben. Den Ingolstädter Besitz hatte er bereits vor 841, vielleicht schon seit seiner Bestellung zum königlichen Erzkaplan besessen, die endgültige Übereignung mochte in Zusammenhang mit anderen Dienstleistungen, vielleicht auch kirchenpolitischer Art gestanden haben.

Die Schenkung umfasste 2 Kirchen und den Haupthof mit den darauf errichteten Gebäuden, dem zugehörigen Land, das unmittelbar vom Haupthof aus bebaut wurde, aus 130 Tagwerk Ackerlands und Wiesen für 40 Fuhren Heu und 22 Leibeigenen als Personalbestand. Hinzu kamen 22 Höfe für Unfreie und 12 Höfe für Sendboten. Dazu kamen nur allgemein genannte Ländereien, Wälder, Wiesen, Gewässer, Mühlen, Knechte und Mägde. Die Struktur des Ingolstädter Königshofs entsprach jener der Königshöfe am Mittelrhein, er zählte aber eher zu den vergleichsweise kleineren Königshöfen.

1234 war die Kirche St. Moritz geweiht worden, von der sich noch ein beträchtlicher Mauerbestand in der heutigen Kirche findet. Eine der beiden 841 genannten Kirchen Ingolstadts war wohl der Vorgängerbau gewesen, wohl wie der Neubau von 1234 mit dem Patronat des Salvators, Jesu Christi und Mariens, dem in Folge Übereignung an das Kloster Niederaltaich 841/851 zu einem nicht bekannten Datum die thebäischen Märtyrer bzw. der hl. Mauritius und seine Gefährten sowie alle jene, deren Reliquien 1234 dem Altar eingefügt worden waren, zugewachsen waren.

Es kann jedoch nicht verschwiegen werden, dass bis auf eine Kreuzfibel des 8. Jahrhunderts weder für die Kirche noch den Klosterhof (späterer Pfarrhof und Zehenthof) bisher archäologische Nachweise für die Zeit vor ca. 1200 geführt werden konnten.

Als Alternative zu dieser Lokalisierung des Herrenhofs mit einer der beiden 841 urkundlich bezeugten Kirchen wird gerade von archäologischer Seite die These vertreten, dass der karolingische Herrenhof bei der Kirche in Feldkirchen zu lokalisieren sei. Von hier aus sei zu einem nicht überlieferten Zeitpunkt der Haupthof mit einer der beiden Eigenkirchen an seinen heutigen Platz bei St. Moritz verlegt worden. Dabei hätte man für den neuen Standort ein entsprechendes, vielleicht durch Rodung gewonnenes Terrain als neues Wirtschaftsland für den nunmehrigen Klosterhof geschaffen. Es ist aber schwer zu verstehen, dass das alte, zu Ingolstadt gehörige Gebiet, wie es noch bei der Zehentteilung 1245 und der Zehentliste von 1372 zutage trat und bis Gerolfing, Etting und Gaimersheim gereicht hatte, ursprünglich durch Seelsorge und Sakramentenspendung vom Rande des Gebiets her betreut wurde und nicht von einem zentraler gelegenen Ort aus.

Dr. Gerd Riedel, 2017


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