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Edmund Hausfelder:
Als die Franziskanerkirche noch Garnisonskirche hieß

 

Das Schicksal einer säkularisierten Klosterkirche 1802 - 1918
dargestellt anhand der Akten im Kriegsarchiv

von Edmund Hausfelder


Kurzfassung von Kurt Scheuerer
Hier der ausführliche Aufsatz in längerer Version von Edmund Hausfelder.


1. Säkularisation in Ingolstadt

Durch ein Dekret des Kurfürsten Max IV. Joseph vom 25. Januar 1802 wurde die bayerische Franziskanerprovinz wie auch die Augustinerprovinz zum Aussterben verurteilt. Die hiesige Niederlassung der Franziskaner wurde zum Aussterbekloster für die bayerische Ordensprovinz bestimmt (Zentralkloster Ingolstadt I).
Am 11. Februar nahm Baron Leyden beide Klöster in Augenschein, um vor allem festzustellen, wieviele Personen darin Platz finden könnten. In seinem Bericht spricht Leyden von 23 heizbaren und 44 unheizbaren Zellen im Franziskanerkloster, die insgesamt 75 Personen aufnehmen könnten.

Gleichzeitig erkundigte man sich bei den beiden Stadtpfarrern, ob die Franziskaner zur Verrichtung bestimmter Funktionen notwendig seien. Münsterpfarrer Dr. Oeggl beantwortete diese Frage mit Nein, Moritzpfarrer Dr. Mederer, selbst ein ehemaliger Ordensgeistlicher, schrieb zurück:

"... dermalen versieht die Pfarrkanzel (Predigeramt) P. Epiphan Weber, ein Mann, der von dem Pfarrvolk allen Beifall hat und dem ich selbst, da ich bei allen seinen Predigten gegenwärtig bin, das Zeugnis geben kann, daß er nichts Mönchisches mit Histörchen und Andächteleien an sich habe, sondern das reine Evangelium und eine gesunde Moral predige."
Aufgrund dieser Berichte erging von der Regierung die Weisung, den Personalstand des Franziskanerklosters auf 78 zu erhöhen.

Die Klosterinsassen wechselten in der Folgezeit häufig.

Die hoffnungslose Lage des Franziskanerordens änderte sich erst nach dem Regierungsantritt König Ludwigs I. Dieser besuchte am 5. April 1826 das hiesige Kloster. Durch diesen Besuch ermutigt, reichte eine Woche später Provinzvikar P. Johann Nepomuk Glöttner ein Gesuch beim König ein, in dem er um die Erlaubnis zur Aufnahme von Novizen bat. Nicht zuletzt dem günstigen Einfluß seines Beichtvaters, P. Cornelius Weiß, eines Franziskaners war es zu verdanken, daß Ludwig I. dem Provinzvikar am 16. März 1827 diese Bitte erfüllte und in München am Lehel wieder ein Franziskanerkloster errichtete, "welches, desgleichen das zu Ingolstadt verbleibende, Novizen aufnehmen" durfte.
Gleichzeitig wurde jedoch die Freude der Franziskaner durch die Nachricht etwas getrübt, daß nicht Ingolstadt I sondern Ingolstadt II, also das ehemalige Augustinerkloster, als künftiges Franziskanerkloster zu dienen habe.
Im Januar 1828 verließen die letzten Franziskaner das obere Kloster.
Damit war zugleich auch die Kirche verwaist. Gerade das Schicksal dieser Kirche aber soll uns nun im Besonderen interessieren.


2. Von der Klosterkirche zur Garnisonskirche

Am 7. März 1836 wurde das Kloster an das bayerische Militär abgetreten.
Am 24. Juli 1837 genehmigte Ludwig I. die Übergabe des Klosters an die Festungsbaudirektion Ingolstadt, "doch ist dieser die Auflage zu machen, daß alles in gutem Stand fortwährend erhalten werden muß."
Kirche, Kloster mit Kellern, Bräuhaus und Ausgeherhaus wurden zusammen auf 32.800 fl. geschätzt, hinzu kamen noch der große Hauptgarten, das Pestwurz-, das Kreuzwurz-, das Apothekerwurz-, das Bräuhaus-, das Wurz- und Obst- und das Sakristeigärtchen im Wert von 8440 fl., insgesamt also 41.240 fl.

Bereits 1831 hatte es Überlegungen gegeben, "unter welchen Voraussetzungen die Überlassung der ehemaligen Franziskanerkirche ... an die protestantische Gemeinde möglich betrachtet werden könne."
1837 nun wurden derartige Überlegungen erneut aktuell.
Nachdem aber den Verhandlungen mit der protestantischen Stadtpfarrei kein Erfolg beschieden war, blieb die Kirche weiterhin ungenutzt.
Der Ausverkauf des Kircheninventars hatte jedoch bereits begonnen. Am 21. Oktober 1832 waren an die Kirche in Katharinenberg ein Altar, vier Leuchter, drei Kanontafeln und acht Betstühle unentgeltlich abgeliefert worden.

Am 26. Dezember 1847 richtete Münsterpfarrer Georg Angermaier ein Schreiben an die Festungsbaudirektion, in dem er um "Überlassung der oberen Franziskanerkirche zu gottesdienstlichen Funktionen für die Dauer der Reparatur der oberen Stadtpfarrkirche" bat.
In ihrem Bericht an das Kriegsministerium stellte die Festungsbaudirektion fest, daß die Obere Pfarrkirche wegen ihrer "geborstenen Spitzbogengewölbe die größte Gefahr für Menschenleben" darstelle.
Am 23. März 1848 wurde ein Übergabeprotokoll gefertigt, wonach der Oberen Pfarr die Benützung von Franziskanerkirche "samt Sakristei und Chor" vorläufig auf fünf Wochen erlaubt wurde. Am 12. Juni bat das Ministerium für Kirchen- und Schulangelegenheiten das Kriegsressort um Überlassung der Franziskanerkirche für die Gesamtdauer der Renovierung der Oberen Pfarr. Dies wurde genehmigt. Es hat den Anschein, daß die Franziskanerkirche danach bis 1850 von der Oberen Pfarr genutzt wurde.

Im September 1853 bat Münsterpfarrer Angermeier die Festungsbaudirektion um Überlassung eines im Kreuzgang der Franziskanerkirche befindlichen, schadhaften hölzernen Kruzifixes. Es war an einigen Stellen beschädigt, aber durchaus noch zu reparieren. Der Bitte wurde entsprochen, weil das Kreuz "nicht inventarisiert ist, in einem sehr beschädigten Zustand sich befindet" und "bei Einrichtung einer dereinstigen Garnisonskirche nicht verwendet werden kann."
Hier kam nun erstmals die Bezeichnung auf, unter der man die Franziskanerkirche auch heute noch kennt: Garnisonskirche.
Bis es aber endgültig soweit war, sollten noch einmal 32 Jahre vergehen, in denen in der leerstehenden Kirche nichts geschah.


3. Überfällige Renovierung

Am 24. Februar 1886 berichtete das Kriegsministerium an das Ministerium für Kirchen- und Schulangelegenheiten, "daß beabsichtigt ist, die ehemalige Franziskaner-, nunmehrige Garnisonskirche Ingolstadt mit Rücksicht auf den historischen Kunstwert dieser Baudenkmäler einer einfachen thunlichst stilvollen Restaurierung zu unterziehen."
Am 22. Juni legte Oberbaurat Denzinger sein umfangreiches Gutachten über die Restaurierung der Kirche vor. Für diese Maßnahmen waren 25.000 Mark veranschlagt.
Im Oktober 1886 waren die Seitenaltäre und die Beichtstühle bereits abgebrochen, die Reliquien des Hl. Clemens und der Hl. Felicitas wurden dem Kloster Gnadenthal übergeben.
Die Endabrechnung über die Renovierung erfolgte im Februar 1888. Danach beliefen sich die Gesamtausgaben auf 21.511,69 Mark. Der Kostenvoranschlag wurde somit um 299,69 Mark überschritten.


4. Erneute Renovierungsmaßnahmen

Erst mit seiner umfangreichen Denkschrift über die "Renovation der katholischen Garnisonskirche Ingolstadt" an die Garnisonsverwaltung brachte der hiesige Militärpfarrer Balthasar Meier am 11. Oktober 1904 wieder den Stein ins Rollen.

Meier beklagte besonders, daß bei den letzten Renovierungsmaßnahmen die Reparatur der Fenster des Mittelschiffs unterblieben war, so daß weiterhin "der Regen längs der Innenwände herabträufelte und seine schwarzen Streifen zog, welche die frischgetünchten Wandflächen alsbald wieder entstellten." Seitdem waren volle 17 Jahre ins Land gezogen, ohne daß irgendetwas geschehen war.
Schließlich sprach sich Meier dafür aus, die Renovierungsarbeiten so bald wie möglich zu beginnen, "daß bis zum Jubeljahre der Garnisonskirche, dem Jahre 1908", die Maßnahmen abgeschlossen seien. 1908 sollten es fünfzig Jahre werden, daß man dieses Gotteshaus zur Garnisonskirche umfunktioniert hatte.

In einem Schreiben der Intendantur des II. Armee-Korps, das am 14. Februar 1906 dem Kriegsministerium vorgelegt wurde, setzte man sich mit den Kosten der Renovierung auseinander, die auf insgesamt 64.700 Mark veranschlagt worden waren.
1907 konnte man endlich mit den Arbeiten in der Kirche beginnen.
1909 folgten die Neutünchung aller Wände, Decken und Pfeiler, die Errichtung der Orgelempore über dem Haupteingang und die Restaurierung der Kanzel und der Beichtstühle, sowie die Polierung der restaurierten Epitaphien, 1910 dann der Aufbau der Orgel durch die Firma Steinmayer & Cie. und die Anfertigung eines neuen Gehäuses.
1911 erfolgte aber die Neutünchung und die Bemalung des Chores, die Reparatur des Hochaltars und der beiden Oratorien, die Instandsetzung des Chorgestühls mit Ausnahme der neu zu schnitzenden Engelsköpfchen, außerdem wurden die Reliquien des Tabernakelbaues neu gefaßt, die Reliquienschreine neu verglast und der Tabernakel neu ausgekleidet. Diese letztgenannten Arbeiten erfolgten im Auftrag des Militärpfarrers.
1912 wurde nach der Fertigstellung der Hochaltar-Rückwand im Chor ein neuer Riemenboden verlegt, 1913 die Ölbergkapelle, die zugehörigen Kirchenstühle und zwei Wandschränkchen restauriert.

Restliche Maßnahmen waren für 1915 geplant, wurden aber nach Ausbruch des 1. Weltkriegs nicht mehr als vordringlich erachtet und deshalb zurückgestellt. Die Restaurierung hatte bisher insgesamt 85.200 Mark verschlungen.
Am 4. November 1918 findet sich schließlich als letzte Eintragung in den Akten des Kriegsarchivs der Vermerk: "Ob unter den nunmehrigen Verhältnissen nach dem Krieg noch Mittel für die weitere Instandsetzung der Kirche aufgewendet werden können, erscheint fraglich." Tatsächlich sah man sich nach dem Krieg in den nun anbrechenden schweren Zeiten mit politischen Wirren und steigender Inflation außerstande, die Renovierungsmaßnahmen fortzusetzen.


Text: Edmund Hausfelder


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