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Ruth Konstanciak:
Gesangbücher
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 

Chorgebet und Gesang

Es mag verwundern, daß die in ihren Anfängen so erklärt musikfeindliche Gesellschaft Jesu sich bald ganz bewußt der Musik in zwei Bereichen annimmt, in ihr auch eine Blüte erlebt, hatte sich Ignatius von Loyola doch selbst folgendermaßen geäußert: »Wenn ich meinem Geschmack und der Neigung meines Herzens folgen würde, würde ich Chorgebet und Gesang in der Gemeinschaft einführen; ich werde es aber nicht tun, weil ich erkenne, daß dies nicht der Wille Gottes ist ...« Die Gemeinschaft, die sich ganz der apostolischen Arbeit verschrieben hatte, verzichtete bewußt für ihre Ziele auf Musikausübung in ihren Kirchen. Ein Argument war, daß durch den Gesang Gebet und Beichthören gestört würden; hier ist unter Gesang sowohl die Figuralmusik wie auch der gregorianische Choral gemeint, nicht jedoch der Volksgesang.

Hinwendung zur Musik

Die Hinwendung zur Musik schon kurze Zeit später hatte vor allem einen Grund: Man hatte erkannt, daß die Musikpflege nicht im Gegensatz zum obersten Ziel steht, sich mit göttlicher Gnade dem Heil und der Vollkommenheit der eigenen Seele wie auch der Seele der Nächsten zu widmen, ja vielmehr Hilfe und Unterstützung sein konnte. Auch die besondere Bedeutung der applicatio sensuum stand zunehmend im Vordergrund. Einen großen Wirkungsradius hatten volkssprachliche Lieder, denen die Reformatoren durch die Verwendung der beweglichen Lettern gute Verbreitungsmöglichkeiten geboten hatten; der andere Bereich, die Musik im Jesuitendrama, sprach andere Bevölkerungsschichten an.

Katechismusgesang

Nachdem der Visitator in Deutschland Olivier Manare (1523-1614) »mit großer Frucht« anstelle der Vesper den Katechismusgesang eingeführt hatte, änderte sich die Einstellung der Jesuiten zum Gesang vollends. Über Erfolge durch die Einführung von Gesang berichtet auch C. Marchal an den Ordensgeneral Aquaviva am 22. Dezember 1586 (im Zusammenhang mit Volksmissionen):
»Ich hatte mich mit nur wenigen Knaben vom Lande fast ein ganzes Jahr abgemüht, kaum das Vaterunser hatten sie gelernt. Jetzt aber prägen sie sich durch das Singen das Glaubensbekenntnis und die zehn Gebote in wenigen Stunden exakt ein ... Ganz entzückt über die Anregung und das Leben, welches der Gesang in die Zuhörer bringt, kehren unsere Katecheten jeden Sonntag ins Kolleg zurück. Gesungen werden genau dieselben Worte, welche die Catechis mustafel ("Catechismi tabula") enthält, die in Mainz gedruckt und schon früh durch die dortigen Patres ... verbreitet worden ist. Der Pater Visitator (Olivier Manare) will das Singen des Katechismus in der ganzen rheinische Provinz einführen.«

Gesangbücher

Singen soll also als Gedächtnisstütze beim Erlernen und Verinnerlichen schwieriger Texte hilfreich sein. Vor diesem Hintergrund wird die große Fülle an Gesangbüchern von Jesuiten zu Beginn des 17. Jhs verständlich. In Ingolstadt wurden der berühmte "Rittersporn" und der "Paradeißvogel" Conrad Vetters (bei Andreas Angermayer) neben einer Vielzahl kleinerer Hefte gedruckt.

Folgende Gesangbücher, die von Jesuiten bearbeitet und herausgegeben wurden, seien nur kurz erwähnt:
  • Eine weitere Ausgabe des Paradeißvogel von 1624 (bei Wilhelm Eder).
  • Andächtiger Ruff von dem heiligen Leben vnd Marterkampff der glorwürdigen Jungfrau Sanct Barbara.
  • Gezogen auß den namhafften Griechischen vnd Lateinischen Scribenten ... Anno Domini 1613 (bei Andreas Angermayer).
  • Geistlicher Ruff, zu dem hieligen Martyrer S. Veit, darinn sein Leben vnd Leyden begriffe.
  • Mehr ein schöner Ruff, von vnser lieben Frawen, zu alten Oettingen. Anno 1613 (bei Andreas Angermayer).
  • Andächtiger vnd Catholischer Ruff von dem H. Regenspurgischen Bischoff S. Wolffgango ... Anno 1613 (bei Andreas Angermayer).
  • Andächtige Außerlesne Weyhegesäng (bei Elisabeth Angermayer, 1614).
  • Hertzenmuth Der andachtigen Seel. Das ist: Außerlesne Andachtige Lehr- vnnd Geistreiche Gesanger ... (bei Elisabeth Angermayer, 1616).
  • Paradeißvogel ... Durch Conradum Vetter der Societet Jesu (bei Wilhelm Eder, 1624)."

Konstanciak, Ruth. Gesangbücher. Die Jesuiten in Ingolstadt, 1991, S. 236-237.


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