- Seelsorgerisches Wirken war bereits bei Ignatius in engem Konnex mit dem wissenschaftlichen Bemühen des Ordens gestanden, verwiesen sei auf die Statuten oder seine Handreichung, die er den nach Ingolstadt entsandten Jesuiten mitgegeben hatte. Canisius hatte, wenn auch etwas unbedacht, in diesem Sinne in Ingolstadt begonnen.
- Gerade den Jesuiten der ersten Generation in Ingolstadt waren, wie bei Petrus Canisius deutlich gezeigt wurde, die Verhältnisse in der Universitätsstadt wie auch sonst in Deutschland desolat geschienen.
- Die Jesuiten waren Taktiker genug, um zu sehen, daß die Einheitsseelsorge des Pfarrsystems den unterschiedlichen Bedürfnissen nicht gerecht werden konnte. Ihr Angebot war von Beginn an differenzierter: Sie stellten sich der Allgemeinseelsorge als Prediger - von Petrus Canisius bis zu Prädikaturen, etwa an St. Moritz - , bei der Sakramentsspendung, bei Missionen in Orten der Umgebung, zu Aushilfen und tausend Sonderaufgaben ebenso zur Verfügung, wie sie eine zielgruppenorientierte, aufgefächerte Pastorisation betrieben, wie am deutlichsten bei den Kongregationen sichtbar wurde.
- Dieses Wissen, daß man die Menschen in ihrem unterschiedlichen Bildungshorizont und Lebensumfeld ansprechen, der Pfarrseelsorge also gezielte schichtenspezifische Seelsorge zur Seite treten müsse, hatte von Beginn an unter Petrus Canisius zu ständigen Reibereien zwischen dem Pfarrklerus und dem Orden geführt.
- Was die Verhältnisse an der Universität und ihrem Umfeld betrifft, so war die Bandbreite jesuitischen Handelns groß: Sie reichte von der Einzelseelsorge bei Studenten und Professoren über die gezielte Betreuung der Kongregationen, für die sie den jeweils frei gewählten Präfekten Praesides aus dem Orden zur Seite stellten, bis zum disziplinären Zugriff.
- Paulus Hoffaeus hatte unmißverständlich in seinen Forderungen dargetan, daß ihre Sicht der Leitung des Paedagogiums und des Philosophischen Kurses auch die sittliche Zucht und Katholizität der Studierenden betraf.
- Sollten die Jesuiten künftighin in der Tat freie Hand haben, »die auditores paedagogii et cursus ex classibus et auditoriis und consequenter gar aus der statt schaffen lassen...?« frug demonstrativ die Universität 1572, und die Frage gewann noch an Relevanz, als die Jesuiten mit der Fakultät der Artisten auch zum Studium der Jurisprudenz und Medizin Zugriff auf den Zugang hatten.
- Die Jesuiten ihrerseits wollten angesichts der Verwilderung der Sitten gerade unter Studenten nicht tatenlos zusehen und kämpften um eine Verschärfung, die sich dann auch im herzoglichen Rezeß vom 26. November 1576 und andernorts niederschlug.
Frömmigkeit
- Wie weit ihr seelsorgerisches Engagement reichte, wird in zunehmender Ausführlichkeit in den Litterae mit exakten Zahlen aufgelistet.
- Daß sich die Jesuiten auch um Nähe zum Volk bemühten, wird gerade in der von ihnen favorisierten Frömmigkeitspraxis deutlich: in der Verehrung Mariens und der Ordensheiligen, allen voran der Heiligen Ignatius, Franz Xaver, der japanischen Martyrer.
Gnadenbilder
- Hier spielten Gnadenbilder eine besondere Rolle wie die Dreimal Wunderbare Mutter im Colloquium Marianum im Konvikt Sancti Ignatii in Ingolstadt oder das Gnadenbild in der Kirche zu Allersdorf, zu dem man aus einem weiten Umkreis, u. a. aus den Städten Abensberg, Neustadt an der Donau und Kelheim wallfahren kam, wobei man in Perka bei Biburg auch noch einen zusätzlichen Leonhardiwallfahrtsort für die Bauern anbieten konnte.Die Altäre dieser Heiligen in den jesuitisch betreuten Kirchen waren vielfach mit Votivbildern und -gaben reich behangen, wie in den Litterae annuae immer wieder berichtet wird.
Exorzismus
- Die Überzeugung von der Gegenwart von Dämonen und der zu brechenden Macht des Satans zieht sich wie ein dunkler Faden durch alle Litterae annuae. Der Exorzismus war ein den heutigen Leser bedrückendes Mittel, aber er diente dazu, dem Volke Angst zu nehmen.
- Manche jesuitische Praktiken muten wie Magie an, auch wenn entsprechende symbolische Handlungen nicht eo ipso, sondern als freie Gewährung auf Bitte hin wirkten.
Ignatius-Wasser
- Zu nennen ist das dem hl. Ignatius geweihte Wasser, und gelegentlich auch Öl.
- Das Ignatius-Wasser wandte man in Ingolstadt gegen Krankheiten, aber auch Viehseuchen an. Dieses Ignatius-Wasser gab es auch in Biburg, wo es wie die Bilder des hl. Ignatius zur Vertreibung nächtlicher Lemuren aus den Häusern diente.
- Gerade das Ignatius-Wasser wandte man gegen Hexen und Dämonen an.
- Die Ignatiusbilder legte man zumeist auf, das Ignatiuswasser trank man ebenso wie das Wasser von der "marianischen Quelle" in Allersdorf.
- Das Ignatiuswasser wurde z. B. in Biburg auch abgefüllt in Gefäßen ausgeteilt.
- Dr. Siegfried Hofmann. Die Jesuiten in Ingolstadt. 1991.
- Bearbeitet von Kurt Scheuerer, Ingolstadt
- siehe auch:
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