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Siegfried Hofmann:
Jesuiten und Erziehung
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 
Vor Gott sind alle Menschen gleich, dies galt und gilt selbstverständlich auch grundsätzlich für die Jesuiten. Dies schloß jedoch taktisches Berechnen im konkreten Vorgehen nicht aus, was schon für Ignatius galt, wie die Satzungen deutlich machen:
»Weil das Gute je allgemeiner desto göttlicher ist, müssen jene Personen und Orte bevorzugt werden, die durch ihren eigenen Fortschritt Ursache dafür sind, daß sich das Gute auf viele andere ausbreitet, die ihrem Ansehen folgen oder von ihnen gelenkt werden.
So muß die geistige Hilfe, die man großen und in der Öffentlichkeit stehenden Männern leistet, seien es nun weltliche oder geistliche Herren, und die man Leuten erweist, die sich durch Wissenschaft und Ansehen jeweils mehr auszeichnen, als von größerer Wichtigkeit erachtet werden, aus eben dem gleichen Grunde des allgemeineren Gutes."

Derartige taktische Überlegungen bestimmten den Stil des Umgangs mit dem bayerischen Herzog und seinen hohen Beamten, ihnen verdankten die Jesuiten gerade in Ingolstadt Berufung, Förderung und letztlich die gelegentlich finanzielle Ausstattung des Kollegs.
Dies galt ganz besonders dann, wenn man Jesuiten die Erziehung von Prinzen anvertraute. Hier galt es, nicht nur Persönlichkeiten zu formen, sondern auch künftige Herrscher auf ihr Amt vorzubereiten.
Angesichts der bei Herrschern zu erwartenden Aufgaben, bedeutete dies eine rechtzeitige Vorbereitung auf die zu übernehmende Verantwortung, auch und gerade aus kirchlich-katholischer Sicht.

Maximilian, Ferdinand

Bei dem jungen Maximilian, dem späteren bayerischen Kurfürsten, wie bei dem völlig anders veranlagten Habsburger Ferdinand, dem späteren Kaiser Ferdinand II., schlug sich dies sowohl in ihrem Ernst und Leistungsdruck, aber auch in ihrem gegenreformatorischen Engagement nieder. Hinzukam das Einhämmern der Prinzipien sittlichen Handelns und die Einübung in die Analyse bei komplexen Situationen.
Vieles, was später im politischen Handeln Maximilians wie Ferdinands schwer verstehbar erschien, wird aus der jesuitischen Kasuistik im Sinne der »casus conscientiae« erklärbar.

Die Rahmenbilder der Berichte über die Rektoratswahlen im Wintersemester 1590 und im Sommersemester 1594 führten dem in Ingolstadt studierenden Wittelsbacher Prinzen wie auch dem jungen Ferdinand aus der Steiermark unmißverständlich vor Augen, was einem König, der zum Tyrannen denaturiert, gebührt:
im ersten setzt der auferstandene Christus, in der Linken die Waage der Gerechtigkeit, den Fuß auf einen liegenden König, um ihn mit dem Kreuzesstab zu durchbohren, während Christus dem hl. Petrus Krone und Palmenzweig reicht,
im anderen tritt die Personifikation der Ecclesia auf Haupt und Schulter eines Königs, der als "Maxentius Tyrannus" ausgewiesen ist.

Fürsten-Seelsorge

Die jesuitiche Erziehung von Prinzen stand in der Perspektive der jesuitischen Beichtväter und Seelenführer von Fürsten. Diesen ging es nicht schlichtweg um Bekenntnis und Buße, sondern auch um das ethisch verantwortete, richtige Handeln in Konfliktfällen.
Gerade hier aber erwies sich die rationale Analyse der nachtridentinischen Kasuistik als von höchstem Erkenntniswert als Basis für Entscheidungen. Was aber rational nach Bewertung der einschlägigen Prinzipien nachprüfbar bleibt, kann nicht Willkür, geistige Vorherrschaft oder gar Intriganz sein.

In dieser Perspektive stand aber auch die freudige Begleitung politischer Erfolge, zumal wenn diese ihren Wünschen entsprachen.
Hierbei pflegten sie mit aufwendigen Gratulationsschriften nicht zu geizen wie bei jener des Ingolstädter Kollegs zur Verleihung der pfälzischen Kurwürde an Maximilian von 1623 mit dem Titel "Plausus symbolicus".

Dr. Siegfried Hofmann. Die Jesuiten in Ingolstadt. 1991.
Bearbeitet von Kurt Scheuerer, Ingolstadt


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