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Beatrix Schönewald:
Die Schedelsche Weltchronik
2. Nürnberg und der Humanismus

 

Der Nürnberger Frühhumanismus läßt sich auf einen bestimmten Personenkreis, sogar auf ein bestimmtes Stadtviertel radizieren: Es ist das vornehme Viertel Nürnbergs, auf der Seite von St. Sebald und es ist die Straße "Unter der Veste", in der nicht nur der junge Albrecht Dürer, sondern auch Patrizier wie die Behaim, Stromer, Haller, Scheuerl oder Harsdörfer wohnten, dann auch der Schreibmeister Neudörffer, Dürers Pate Koberger, Michael Wolgemut, Hartmann Schedel und Sebald Schreyer. Über diese nachbarschaftliche Arbeitsgemeinschaft sind wir vor allem durch die Aufzeichnungen Sebald Schreyers informiert. Dieser gesellige und freigebige Mann darf als spiritus rector der gelehrten Symposien gelten, in deren Mitte die Idee der Weltchronik entstand. Auch Konrad Celtis war gern gesehener Gast im Hause Schreyers.

Konrad Celtis (1459-1508) und Willibald Pirkheimer (1470-1532) sind herausragende Persönlichkeiten, die die neue Strömung des Humanismus in Nürnberg entscheidend geprägt und weit über die fränkische Reichsstadt hinaus getragen haben. Celtis, erster gekrönter "poeta laureatus", hielt sich zwar selten in Nürnberg auf, pflegte aber dennoch Kontakte u.a. zu Hartmann Schedel und Willibald Pirkheimer. Er bemühte sich um die Wiederbelebung der römischen Sprache, der Kultur, der antiken Wissenschaften, um die Wiederentdeckung eigener nationaler Vergangenheit, um die Schaffung eigener Werke in Wissenschaft und Kunst und um die Ergänzung der translatio imperii durch die translatio studii.

Diese Bemühungen waren in erster Linie philologischer Natur: Editionen von Texten in der Ursprache, ins Lateinische übersetzt und kommentiert. Archäologie und Epigraphik bestimmten in Italien die Richtung des Humanismus, die später auch nach Deutschland kam: Seit 1424 verfaßte Ciriaco d´Ancona Reisetagebücher über die Denkmäler der Antike, sammelte er Handschriften, Skulpturen und Münzen. Teile aus Ciriacos Werk nimmt Hartmann Schedel in seinem Opus "de Antiquitatibus" auf.

Nicht nur die Bestandsaufnahme antiker Denkmäler in Italien, sondern auch das Interesse an archäologischen Ausgrabungen nahm stetig zu. Bereits früher erschienen in Italien Abhandlungen zur antiken Geschichte: z.B. Flavio Biondis "Roma instaurata", "Roma triumphans". Gerade letzterer hatte mit seinem Werk "Italia illustrata" großen Einfluß auf deutsche Humanisten ausgeübt. Celtis allerdings erreichte sein Ziel einer "Germania illustrata" nie. Auch Jakob Wimpfeling beklagte das Fehlen einer gedruckten deutschen Nationalgeschichte. Als die "Germania" des Tacitus 1470 in Venedig im Druck erschien, hatte sie vor allem Enea Silvio Piccolomini in Deutschland eingeführt und schrieb seinerseits eine Abhandlung über "De ritu, situ, moribus et conditione Germaniae". Erst durch Piccolominis programmatische Rede auf dem Regensburger Reichstag von 1471 wurde das Interesse der deutschen Humanisten an der Geschichte ihres eigenen Landes recht eigentlich geweckt. Konrad Peutinger in Augsburg und Willibald Pirkheimer in Nürnberg, beide mit Celtis befreundet, waren Verfechter dieser Idee.

Text der Eröffnungsansprache von Frau Dr. Beatrix Schönewald
zur Ausstellung "500 Jahre Weltchronik des Dr. Hartmann Schedel"
Ingolstadt 1996

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