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Eröffnungsansprache von Dr. Beatrix Schönewald
zur Sonderausstellung im Stadtmuseum:
Meißener Porzellan - Tischkultur und Sammlerstolz

 
Zwei Aspekte möchte ich gerne einleitend zur Ausstellung „Meissener Porzellan – Tischkultur und Sammlerstolz“ herausgreifen:
  • Den Aspekt des Gastmahls und der Tischkultur, er führt zurück in die Bronzezeit, führt zum Fund bronzezeitlicher Keramik, der am Beginn der Entwicklung hin zum kompletten Service steht.
  • Den Aspekt der Geschichte eines Werkstoffes, der in der Nacherfindung die europäischen Tischsitten bis heute nachhaltig beeinflusst und das am Beispiel der Manufaktur Meissen.

     

    Das Gastmahl

    Das gemeinsame Essen ist heute meist ein beliebter Anlass zur eher zwanglosen Kommunikation, zur Geselligkeit im Kreise der Familie und von Freunden. Über Jahrhunderte hinweg aber dienten gemeinsame Essen an den Höfen Europas dazu, kirchliche und weltliche Fürsten ihrem Hofstaat und den Untertanen zur Schau zu stellen..

    Vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit diente die öffentliche Tafel symbolisch und als politischer Staatsakt zur Sinnstiftung der fürstlichen Macht. In streng reglementierten Zeremonien und Ritualen wurde jedem Detail des Essens und der Tafel Beachtung geschenkt. Ein Heer von Bediensteten sorgte für die reibungslose Vorbereitung und den Ablauf des umfangreichen Zeremoniells.
    Von besonderer Bedeutung war selbstverständlich die Sitzordnung. Nahmen andere Herrscher und Staatsgäste an der Tafel teil, spiegelte die Platzverteilung ebenso wie die verwendeten Tafelgeräte die Macht und den Rang der jeweiligen Herrscher und ihrer Gäste wider. Nur die allerhöchsten Potentaten wie der Papst in Rom oder der österreichische Kaiser besaßen durch ihre besondere Stellung das Privileg, immer allein zu speisen

    Zur Entwicklung dieser Tafelgeräte, dessen was auf den Tisch gehörte, gibt die Geschichte der Tisch- und Tafelkultur Auskunft.

    Europäische Tafelkultur beginnt in der Antike: Die römischen Gebräuche schildert eindringlich Petronius in seinem Roman „Das Gastmahl des Trimalchio“. Lucullus war der Inbegriff der verfeinerten Lebensart. Eß- und Trinkgefäße der Griechen und Römer gehören zu den schönsten Zeugnissen der Tafelkultur.
    Im hohen und späten Mittelalter begann erneut eine Blütezeit europäischer Tischkultur, wenngleich sich nationale Eigenheiten stärker herausbildeten. Das gilt vor allem für die Keramik: Majolika in Italien, Fayencen in Holland, Steinzeug in Deutschland.
    In der Renaissance hatten auch die fürstlichen Tafeln ein eher bescheidenes Aussehen. Tischtücher fanden erst im 16. Jahrhundert Verbreitung. Es gab keine einheitlichen Teller. Sie standen in unregelmäßiger Reihenfolge auf dem Tisch. In der Mitte befanden sich die Schüsseln mit den Speisen. Löffel dienten zum Austeilen des Essens auf die Teller. Das Brot wurde ohne Teller auf die Tischplatte gelegt.
    Spätestens seit dem Absolutismus wurde die Tafel gegliedert, Rangordnungen erstellt: Im Zentrum saßen der König und die Königin allein an einem erhöhten Tisch. Die übrige Gesellschaft tafelte in gebührendem Abstand. Wichtig wurden die exakte Aufreihung der Gedecke (Teller, Besteck), Gläser und Beilagen sowie die Einheitlichkeit der Gedecke.
    Der französische König Ludwig XIV. setzte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Maßstäbe der fürstlichen Repräsentation: Seine Festbankette wurden vorbildlich für die europäischen Höfe.
    Ungeheure Summen flossen u.a. für prunkvolles Tafelgeschirr und Speisen. Eine Mittagstafel Ludwigs XV. umfasste Suppe von Kapaunen, Rebhühner, Poularden, Kalbsviertel, Taubenpastete, Hühnerfrikassée, Pute am Rost, Hühnerragout, gemästete Kapaunen, junge Hühner und Tauben, Bekassinen, Krickenten.
    Im 18. Jahrhundert spielte die Tafeldekoration in Form von Dessertaufsätzen eine immer größere Rolle. Neu Formen und Gefäße – tiefe Teller für Suppen, Schalen für Schnecken – entstehen.
    Gläser standen nicht auf der Tafel, sondern auf einem Beistelltisch oder Kredenz. Getränke wurden von Dienern gereicht.
    Bürgerliche Tischkultur adaptierte die Formen des Gastmahls und das Zeremoniell: höfischer Glanz, strenge Tischordnung, auf den Patriarchen, den Hausvater zugeschnitten. Wir zeigen bürgerliche Tischkultur in unserer Ausstellung, drei große Räume, jeweils einen gedeckten Mittags- und einen Kaffeetisch. Alltags- und Festkultur zählt zu den Themen des Stadtmuseums und gerade die gedeckte Tafel ist ein guter Ausgangspunkt, Sitten und Kultur zu zeigen.

    Was aber erhöht den Glanz einer Tafel, trägt zur Eleganz bei? Ein unnachahmliches Material, zerbrechlich und hart zugleich, das einen ungewöhnlichen Siegeszug in Europa antritt: das Porzellan.

     

    Damit zum zweiten Schwerpunkt des Vortrags:

    Dem Aspekt der Geschichte des Werkstoffs

    Am Anfang der Entwicklung stand das chinesische Porzellan: Nach archäologischen Dokumentationen war das Grüne Porzellan der Ursprung des Porzellans, also ein Übergangsprodukt zwischen Keramik und Porzellan. Die ersten Produkte des Grünen Porzellan sind 4200 Jahre alt und wurden in der Ruine Longshan in der nordchinesischen Provinz Shanxi entdeckt.
    Im Gegensatz zur Keramik wird Porzellan bei wesentlich höheren Temperaturen gebrannt.
    Das echte Porzellan entstand in der Periode der Östlichen Han-Dynastie (23 - 200 n. Chr.), vorerst in Südchina, dann auch in Nordchina. Das wichtigste Ereignis in der Porzellan-Geschichte war die Entwicklung des Weißen Porzellans, da sämtliche bunte Farben eine weiße Basis haben mussten.

    Japans Tradition der Porzellanherstellung ist fast ebenso lang wie jene in China. Die ersten Berichte von Porzellanherstellung in Japan findet man im frühen 7. Jahrhundert. In dieser Zeit hatten japanische Feudalherren Korea besetzt und brachten Handwerker aus diesem Land nach Japan. Das Wissen um die Porzellanherstellung kam so über Korea nach Japan. Der wohl bekannteste Handwerker dieser Zeit ist der koreanische Porzellanhersteller Ri Sampei, den man heute als den Vater des japanischen Porzellans betrachtet. Er gab die Geheimnisse an japanische Schüler weiter und ermöglichte so den Handwerkern dort, Porzellan nach ihren eigenen Vorstellungen zu erschaffen.

    Schon relativ kurz nach der ersten eigenen Porzellanherstellung in Japan entwickelte sich die Insel Kyushu im Süden eine starke Kultur der Porzellanherstellung, die sich eigentlich mehr oder weniger bis heute gehalten hat. Noch immer gibt es auf Kyushu traditionalistische und moderne Hersteller von Porzellan gleichermaßen, vor allem natürlich in Arita, der größten Stadt auf Kyushu.

    Hier ist auch der Ursprung für die Bezeichnung mittlerweile fast sämtlicher Keramiken aus Japan zu finden – in der Nähe von Arita liegt der Hafen Imari, der vor allem für den Export der wertvollen Waren immer eine Schlüsselfunktion besaß.

    Drehscheibe des Porzellan-Handels aber war vor allem Japan:

    Japan war durch Gesandte an den Höfen Madrids, Lissabons oder Vatikans seit der Mitte des 16. Jahrhunderts vertreten. Die eigenartigen Erzeugnisse des ostasiatischen Kunstgewerbes wurden dadurch schnell bekannt und waren bald sehr begehrt.
    Vor allem in Spanien trafen damals große Porzellansendungen ein und wurden prächtig inszeniert präsentiert. Gerade die einfache, schlichte Gestalt des Porzellans kontrastierte mit dem prunkhaften Charakter der Hochrenaissance. Es war das unnachahmliche Material, das durch seine Härte, seinen Glanz und seine Zartheit beeindruckte. Die geheimnisvolle Schlichtheit wirkte auch durch den Glauben an die magischen Kräfte des Porzellans, an die heilenden Kräfte, der den Schiffladungen vorauseilte.

    Die Fürsten Italiens und Frankreichs gehörten zu den großen Sammlern von Porzellan, erst Ende des 16. Jahrhunderts gelangte es in die Kunstkammern der deutschen Fürsten.
    Kaufleute erzielten hohe Preise: Zwischen Einkauf in Imari und Verkauf in Amsterdam lag ein zehn- bis zwanzigfacher Gewinn, allerdings bargen die Transporte erhebliche Risiken. Aber gerade diese Widrigkeiten steigerten wiederum die Anreize solcher Unternehmen. Manche Kaufleute versuchten, das Risiko zu minimieren und erst in Batavia zuzuladen. Allerdings waren die Zölle dort exorbitant hoch und wurden meist in Naturalien bezahlt. Das führte zum Beispiel dazu, dass der Gouverneur dort eine beachtliche Porzellan-Sammlung besaß.

    Angesichts der großen Summen, die für Porzellan zu bezahlen waren, begannen die Versuche, es selbst herstellen zu können, sehr früh: Aus zeitgenössischen Berichten weiß man von Versuchen um 1470 in Venedig, Belegstücke gibt es um 1575 aus Florenz, hundert Jahre später aus Frankreich. Die Ergebnisse kamen dem chinesischen Porzellan nahe, doch fehlte bis dahin der entscheidende Durchbruch.

    Welche Gründe aber gab es für diese enorme Nachfrage nach den ostasiatischen Waren? In den fürstlichen Raritätenkammern sammelten sich kuriose Naturalien und kunsthandwerkliche Skurrilitäten neben kostbarem, Kunsthandwerk. Ostasiatisches Porzellan kam von Anfang an im Wert den Steinen und Gold gleich.
    Vielleicht war es das Bedürfnis, sich von den strengen Kunstregeln zu befreien, atmeten die so völlig anders gefertigten Gegenstände eine der Renaissance entgegen gesetzte Mentalität: die Bindung an die organischen Formen, an die Natur. Vielleicht war es eine erste Reaktion gegen die Strenge des Hochbarock, als man das Exotische in die Formensprache mit einbezog. Äußerste Schlichtheit war Ausdruck höchster Konzentration, ein unerschöpfliches Kunstmittel. Der asiatische Stil spiegelte mit seinen unbefangenen, frischen und variationsfreudigen Darstellungen das alltägliche Leben wider.

    Der Weg von China nach Europa führt zunächst über die Niederlande

    Einige holländische Fayence-Werkstätten bezeichneten sich Ende des 17. Jahrhunderts als Porzellan-Fabriken. Sie ahmten chinesisches Porzellan nach und unterschieden sich damit von den „Plateelbäckers“. Die Werkstätten erfüllten damit den Bedarf an ostasiatische Waren bei weniger Begüterten. Das Material stand dabei nicht im Vordergrund, sondern die äußere Erscheinung. Die italienischen Fayencen hatten den europäischen Kunstmarkt in dieser Zeit erobert und boten dem gutsituierten Bürger erreichbare Fabrikationsware. Die Unterglasurfarbe bot vielfältige Möglichkeiten zur Nachahmung chinesischer Vorbilder. Die Handelsbeziehungen zwischen Italien und den Niederlanden waren besonders rege im 16. Jahrhundert. Bald verselbständigte sich die Fayence-Produktion und entwickelte in Delft ihr Zentrum, aber auch in Rouen und Nevers in Frankreich und im Rhein-Main-Gebiet. Gerade in Rouen entwickelte sich bald ein unbekümmerter Mut, vielfältige Objekte aus Fayence herzustellen: Tafelgeschirr, Kleinmöbel, Wandbrunnen, Lampentische, Standleuchter, Architekturteile, Tiere, Figuren, auch das erste Nachtgeschirr (Bourdalou). Im Gegensatz zu Delft orientierte man sich in Rouen an Motiven der italienischen Renaissance.

    Meißen

    Wegbereiter und Stilträger des „falschen“ chinesischen Porzellans aber waren die Produkte aus Delft und ebneten den Motiven und dem Dekor des echten Porzellans aus Meißen den Weg. Johann Friedrich Böttger - in Zusammenarbeit mit Walther Ehrenfried von Tschirnhaus - steht bekanntermaßen als Nacherfinder des chinesischen Porzellans in den Annalen.
    Die Anfänge des „roten Porcellains“ aus der Werkstatt Böttger waren bescheiden. Das Aussehen der dunkelroten Vasen, Kummen und Koppen entsprach nicht ganz dem, was sich Käufer unter originalem chinesischem Porzellan vorstellten, auch waren die Preise enorm hoch, die auf der Leipziger Ostermesse 1710 verlangt wurden. Der Bedarf an Tafelgeschirr konnte auch durch Fayence gedeckt werden, das europäische Porzellan musste sich erst durchsetzen.
    Eine bessere Produktionsmöglichkeit wurde durch die Verlegung der Produktionsstätte in die Meißener Albrechtsburg erreicht, die künstlerische Qualität wurde durch die Mitwirkung des Hofsilberschmiedes Johann Jacob Irmingers erreicht.
    Noch vor der Entwicklung des farbigen weißen Porzellans entstand ein Reichtum an Formen und Variationen, die den Ruf der jungen Manufaktur langsam festigte und steigerte. Erst allmählich setzte sich der gemalte anstelle des plastischen Dekors durch.
    Mit Johann Gregorius Höroldt, dem Schöpfer der Meissener Palette begann die Zeit des malerischen Höhenfluges der Manufaktur. Die Grundlagen des europäischen Porzellans waren bereits kein Betriebsgeheimnis mehr, umso wichtiger waren neue Akzente in der Herstellung. Höroldt, aus Jena stammend und Spezialist für Chinoiserien , eignete sich Kenntnisse der Herstellung von Unterglasurfarben an und führte damit die Malerei in der Manufaktur zu einem bis heute unübertroffenen Niveau.
    Höroldt ließ allerdings keinen Maler neben sich gelten, das Malerkorps hatte seine Vorlagen perfekt zu kopieren, aber keine selbständigen Leistungen zu erbringen.
    Johann Kaendler gilt als der Schöpfer des europäischen Porzellanstils und löst das malerische Monopol Höroldts und ein längeres Intervall wechselnder Leiter ab. Der sächsische König hatte die Leitung der Manufaktur selbst übernommen und war auf der Suche nach einem fähigen und erfinderischen Bildhauer. Er fand ihn in einem Mitarbeiter des Hofbildhauers Benjamin Thoma: Johann Kaendler. Mühelos gelang ihm der Einstieg in die monumentale Tierplastik, schuf er ein Werk von europäischem Rang.
    Der entscheidende Durchbruch gelang Kaendler mit dem Brühlschen Schwanenservice. Heinrich Graf von Brühl wurde von August III. zum Generaldirektor der Meissener Manufaktur ernannt. In dieser Funktion erhielt er sämtliches Porzellan zu Repräsentationszwecken umsonst geliefert. Für den Auftrag eines Services verwendete Kaendler das Motiv des Schwanes. Es sollten 2000 Teile entstehen. Kaendler zeichnete die Entwürfe nach der Natur. Mit dem Service, das 1743 fertig gestellt wurde, veränderte sich der Charakter des europäischen Porzellans: Neben die Malerei tritt gleichberechtigt die Gestaltung, die plastischen Schmuckelemente. Die Produktion von Tierensembles und Figuren steigt, werden „courrente Waren“, Kaendlers berühmte „Affenkapelle“ wird ein Verkaufsschlager.
    Kaendlers Statuetten und Büsten zählen zum Höhepunkt seines Schaffens: Die Kaiserbüsten in Wien entstanden nach Kupferstich-Vorlagen, die der Hofnarren Fröhlich und Schmiedel nach dem lebenden Modell. Die Tragik Kaendlers bestand zum einen darin, dass er vergeblich bemühte, ein monumentales Reiterstandbild aus Porzellan auf eigene Kosten zu schaffen, zum anderen, dass er einen neuen Stil begleiten musste, der nichts mit seiner eigenen Unbefangenheit und seinem Temperament gemein hatte. Der französische Bildhauer Michel Victor Acier (1736-1799) verkörperte diesen neuen Stil.
    Winckelmanns Thesen über die Größe antiker Kunstwerke führten auch in der Porzellanherstellung dazu, den antiken Marmor durch „Biskuitporzellan“ zu imitieren, Christoph Jüchzer (1752-1812) kopierte wochenlang die Gipsabgüsse der Antikensammlung in Dresden, es entstand Porzellan im Wedgewood Stil.
    Nach den Napoleonischen Kriegen, nach einer Zeit der Erstarrung der Formen und Farben, setzt eine neue Ära in der Meissener Manufaktur ein: 1818 wird der Interieurmaler Georg Friedrich Kesting zum künstlerischen Leiter bestellt. Mit ihm beginnen technischen Neuerungen und ein neuer, frischer Stil. Das war umso wichtiger, als die Manufaktur im pompösen Stil des 18. Jahrhundert zu ersticken drohte.
    Die fürstlichen Aufträge allein hätten einen Betrieb von der Größe Meißens nicht tragen können. Das Bürgertum und die Quantität der Aufträge brachten den Zugewinn, erforderten im Gegenzug rationelle Methoden der Massenanfertigung von Gebrauchsporzellan. Es standen Entscheidungen über die Einführung industrieller Maschinen – Dampfmaschinen – an, auch über die Verwendung der Vervielfältigungsmethoden wie Stein- und Kupferdruck.
    Längst waren die Verantwortlichen in der Entscheidungsebene der Manufaktur nicht mehr Künstler oder Bildhauer, sondern technisch wie kaufmännische versierten Persönlichkeiten. Auch hat sich der Geschmack des Publikums an die reine Kunstfertigkeit gewöhnt und achtete der schöpferisch-künstlerischen Leistung wenig.
    Die Jahre der Industrialisierung bedeuteten einen ganz entscheidenden Wendepunkt vom porzellanschaffenden Betrieb zur Fabrik. Nicht das künstlerische Gewissen entschied, sondern die ökonomische Notwendigkeit. Es gab viele Manufakturen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufhören mussten. Die Gründerjahre stehen für eine rasante technische Entwicklung, allerdings auch für eine ästhetische Verwilderung. Gekauft wurde nach Katalog, gekauft wurde jegliche historische Stilrichtung, auch eine Mischung aus allen Stilen. Die wirtschaftliche Blüte bescherte ein zahlungsfähiges, breites Publikum. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts meldeten sich Kritiker, schloss man sich im Deutschen Werkbund zusammen, um die Erneuerung der kunsthandwerklichen Moral zu betreiben: Es musste ein Bruch mit den historischen Stilen stattfinden und eine zeitgemäße Formensprache aus Zweck- und Materialbestimmung heraus entwickelt werden. Vgl. hierzu auch das Bauhaus mit der eigenen Gestaltung des Porzellans.
    Unter der Ära des Direktors Max Adolf Pfeiffer öffneten sich vor allem im Bereich der Porzellanplastik neue Wege, gestaltet von namhaften Künstlern der Zeit: Ernst Barlach, Gerhardt Marcks, Paul Scheurich.

    Die Manufaktur überstand die Wirren des Ersten Weltkrieges, konnte sich auch in der Zeit des Nationalsozialismus weitgehend dem „Kunstverständnis“ der Nationalsozialisten entziehen. Nach dem 2. Weltkrieg wird die Manufaktur ein VEB, doch die Produktion setzt weiter auf traditionelle Formen, bleibt ein Exportschlager der DDR.

     

    Heute gehört Porzellan immer noch zur Tischkultur, das gute Porzellan für besondere Gelegenheiten im Gegensatz zum Alltagsporzellan. Es hat seine Faszination nicht verloren, seine zarte Eleganz begeistert nach wie vor.
    Und die Entwicklung ist noch lange nicht zu Ende: Porzellan wird heute als technisch hoch interessanter Werkstoff überall eingesetzt:
    Vielleicht sehen wir eine entsprechende Ausstellung der Audi?

    Dank an die Leihgeber, vor allem
    Familie Wittig, Familie Wagner, Familie Riedel und Familie Schrötzlmair

    Dr. Beatrix Schönewald, Stadtmuseum Ingolstadt, 2006


    Siehe auch:

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