Logo Kurt Scheuerer, Ingolstadt Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Tafeltext zur Ausstellung:
Vom Werden einer Stadt - Ingolstadt seit 806
Der frühmittelalterliche Zentralort mit Königshof
in Karlburg

 
Villa ingoldesstat und villa Karloburg sind karolingische Orte mit vielen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschieden. Die Kreuzfibel von Ingolstadt findet in Karlburg eine ihrer besten Parallelen.

Durch die Schenkung von 841 wird ein sehr guter Eindruck von Größe und Bedeutung des Siedlungskomplexes Ingolstadt vermittelt. Das Königsgut wird mit mindestens zwei Kirchen, einem Herrenhof und 34 weiteren Höfen beschrieben. Archäologische Indizien für den frühmittelalterlichen Ort und seine Lokalisierung sind jedoch bislang recht spärlich. In Karlburg ist die Situation anders, denn im 12./13. Jahrhundert fiel ein Großteil der seit dem 7. Jahrhundert bestehenden Siedlung wüst und bietet daher für die Archäologie weit bessere Bedingungen.

In den schriftlichen Quellen erscheint der Ort bereits mit der Erstausstattung des 741/42 gegründeten Bistums Würzburg. Erst schenkte der karolingische Hausmeier Karlmann dem Bistum ein Marienkloster in einer villa Karloburg, 751/53 dann König Pippin dem ersten Bischof Burkard Burg und Königshof. Allein die historischen Nachrichten kennzeichnen Karlburg wie Ingolstadt als einen wichtigen Zentralort im Frühmittelalter mit Königshof, Kloster und Burg. Die Grabungen der 70er und 90er Jahre und zuletzt 2002/2003 auf der Burg und in der zugeordneten Talsiedlung sowie Surveys erweiterten den Kenntnisstand beträchtlich.

Der frühmittelalterliche Ort Karlburg, heute Stadtteil von Karlstadt, liegt etwa 25 km von Würzburg entfernt auf der linken Seite des Maintals. Die auf einem Sporn gelegene Karlburg mit der unterhalb gelegenen dazugehörigen Talsiedlung zeichnet sich durch ihre überörtlich bedeutende Topographie und verkehrsgünstige Lage im fränkischen Altsiedelland am Main aus. Der Main erschloss Verbindungswege nach Süden, Norden und Westen zu den Zentren des fränkisch-karolingischen Reiches, über den Fossa carolina schließlich auch zur Donau und damit zur villa ingoldesstat.

Die vermutlich bereits in spätmerowingischer Zeit bestehende Befestigung auf dem Grainberg und das spätestens in frühkarolingischer Zeit errichtete castellum Karloburg bildeten den machtpolitischen Hintergrund, unter dessen Schutz sich die Talsiedlung mit Marienkloster entwickeln konnte. Furten unterhalb des castellum und im Bereich der villa erschlossen darüber hinaus wichtige Ost-West-Verbindungen ins bereits zur Merowingerzeit dicht besiedelte Werntal und Grabfeldgebiet.

Durch Luftbilder und Surveys wissen wir, dass die villa zu Füßen der Burg sich auf mindestens 1 km Länge und maximal 200 m Breite erstreckte. Das moderne Karlburg war das Zentrum der Talsiedlung. Der nördliche und südliche Außenbereich zeigten im östlichen, zum Main hin gelegenen Abschnitt ein hauptsächlich handwerklich genutztes Areal mit Halbfabrikaten, Werkzeugen, Gussformen, Schlacken und teils reihenförmig errichteten Grubenhäusern. Im Westteil dagegen schließen sich Siedlungs- und vor allem Pfostengruben an, die auf Ställe/Scheunen, Speicher oder Wohnhäuser hinweisen. Diese Trennung blieb während der gesamten Nutzungszeit bestehen. Qualitätvolle Funde belegen für die karolingische Zeit die Anwesenheit einer adeligen Personenschicht in Karlburg, die historisch auch durch Immina, der Tochter des letzten Würzburger dux Heden d. J., bezeugt ist.

Der Bereich des Marienklosters, in dem Immina lebte und 750 starb, wird zwischen der Pfarrkirche und dem Südostrand der spätmittelalterlichen Ortsbebauung gelegen haben. In karolingischer Zeit wird auch eine große Schiffslände bzw. Hafenanlage von 400 x 75 m Ausdehnung am Ostrand der Kernsiedlung bestanden haben.

Im Fundmaterial der villa überwiegen fränkische Güter bei weitem. Dies betrifft nicht nur qualitätvolle Einzelstücke, sondern auch sogenannte „Massenware“, Keramikgefäße, die uns in großer Zahl überliefert sind. Ihr Bild wird besonders in der Frühzeit der Siedlung von Importwaren des Rheingebiets beherrscht. Europaweite Handels- und Kulturverbindungen zeigen die Metallfunde, z. B. die Fibeln auf, die für den Eigenbedarf und das Umland teils vor Ort selbst hergestellt wurden. Sie stammen aus dem Ostalpengebiet, dem Mittelrheingebiet und dem nördlichen, friesisch-angelsächsischen Kreis. Die Verbreitung dieser Fibelformen zeigt wiederum die Bedeutung des Main-Rhein-Wasserweges für Verkehr und Handel.

Eine Kreuzfibel aus Karlburg, die der Ingolstädter Fibel sehr gut vergleichbar ist, stammt vielleicht bezeichnenderweise aus dem Zentrum der villa etwa 80 m nördlich der Kirche. Ein weiteres Vergleichsstück, ohne Vergoldung, wurde in Zellingen bei Karlburg als Lesefund geborgen. Auf dem Kirchberg wird das mutmaßliche, 838 genannte Frauenkloster Cellinga gestanden haben. Das dort aufgelesene Fundspektrum bezeugt das gleiche Beziehungs- und Handelsnetz, in das auch Karlburg eingebunden war.

Zentralorten wie Karlburg mit ihrem militärischen, ökonomischen, kulturell-sozialen Hintergrund kommt eine entscheidende Bedeutung in der Frühzeit der militärischen und vor allem administrativen, politisch-kirchlichen Erschließung und strukturellen Organisation der ostfränkischen Gebiete zu.

Textgrundlage: Katalog zur Ausstellung, S. 112-117.


Weiter mit: Die frühesten Spuren Ingolstadts
Zurück zur Übersicht über die Ausstellung 2006 im Stadtmuseum Ingolstadt


Impressum - - - Nachricht an den Gestalter der Seiten: Kurt Scheuerer
Zur Auswahl Ausstellungen in Ingolstadt - - - Zur Auswahl Ingolstadt
Zur Auswahl virtuelles Donaumuseum - - - Zur Auswahl Materialsammlung Kurt Scheuerer