- Ausstellung im Stadtmuseum Ingolstadt vom 26.7. bis zum 3.11.2002
100 000 Generationen Menschheitsgeschichte
- 100 000 Generationen trennen uns heutige Menschen von unseren ersten aufrecht gehenden Vorfahren! Die ersten Jäger und Sammler lebten in einem sehr stabilen kulturellen System. Es konnte ohne Gefahr für die Mitwelt der Menschen Jahrmillionen überdauern, ohne seine Lebenskraft zu verlieren. Heute sieht sich der Mensch vielfältigen Bedrohungen einer Natur ausgesetzt, die er selbst aus dem Gleichgewicht bringt.
- Seit undenklichen Zeiten leben die Hadzapi in Ostafrika. Das wenig hundert Menschen zählende Volk tut dies noch immer, wie seine Mütter und Väter dies taten: eins mit ihrer heimatlichen Natur, in der sie sammeln und jagen. Reste einer Welt in der noch vor zehntausend Jahren auch unsere Vorfahren lebten, bevor sie Tierzüchter und Pflanzer wurden.
- Das Institut für Ur- und Frühgeschichte des Universität Tübingen hat ihnen eine außergewöhnliche Ausstellung gewidmet. Das Stadtmuseum Ingolstadt, Schaufenster einer archäologisch besonders reichen Region, zeigt diese Ausstellung nicht zuletzt deshalb, weil durch sie die wenigen Spuren unserer eigenen Vorfahren besser zu verstehen sind.
Die Ausstellung
- Dort wo heute die Hadzapi leben, führen die Spuren menschlicher Geschichte weiter in die Vergangenheit zurück als an jedem anderen Ort der Erde: fast vier Millionen Jahre, bis in die Zeiten des nicht mehr zu den Menschenaffen gehörenden Australopithecus afarensis. Dessen erster, 1939 gefundener Beleg ist Grundstein dieser Ausstellung. Die lange Schichtenfolge der berühmten Olduvaischlucht dokumentiert über die letzten zwei Millionen Jahre hinweg die Entwicklung steinzeitlicher Techniken in einer sich stetig verändernden Landschaft. Dazu kommen zahlreiche andere anthropologische Funde von Freiland- und Höhlenstationen aus den letzten hunderttausend Jahren und schließlich die Dokumentation der Kultur der Hadzapi vor gut einem halben Jahrhundert, eine Spanne von 100 000 oder mehr Generationen, die diese Ausstellung vermittelt.
Themen der Ausstellung
Urgeschichte
- Wichtigstes Exponat ist das originale Oberkieferfragment eines Australopithecus afarensis, das Prof. Ludwig Kohl-Larsen 1939 bei seinen Afrikaexpeditionen entdeckte, aber in seiner Bedeutung damals noch nicht erkennen konnte. Der Australopithecus (Südaffe) steht am Anfang der Entwicklung der Hominiden. Seine Anatomie steht zwischen den Menschenaffen und den Menschen. Er bewegte sich wohl schon vorwiegend aufrecht fort. Bekannteste Vertreterin der Australopithecinen ist "Lucy", deren Alter auf ca. 3 Millionen Jahre geschätzt wird.
- Die Wirren des 2. Weltkrieges brachten Prof. Kohl-Larsen um die Anerkennung, den Australopithecus als erster Forscher entdeckt zu haben.
- Die Darstellung der Urgeschichte des Menschen umfasst als weitere Originale einen Schädel des Homo sapiens Eyasi und des sapiens Mumba, die das Ehepaar Kohl-Larsen bei ihren Grabungen und Feldforschungen entdeckten. Dazu kommen frühe Geröll- und Abschlaggeräte sowie Faustkeile, ergänzt durch anschauliche Abbildungen zur Herstellung von Werkzeugen und zu den Wohnstätten der steinzeitlichen Jäger und Sammler
Die Hadzapi
- Ökologie
- Thesenposter führen in die Lebensbedingungen der Hadzapi in Tansania ein. Zu ihrem Lebensraum gehören Dornsteppe, Grasland, Sümpfe und Salzlandschaften. Das für unsere Begriffe unwirtliche Land der Hadzapi reicht als Grundlage für deren Lebensweise als Jäger und Sammler aus.
- Frauen und Mädchen
- Innerhalb der Familien ist die Bindung der Kinder an die Mutter sehr stabil. Bei Töchtern bleibt sie lebenslang erhalten, Söhne verlassen bei ihrer Heirat den Familienverband. Schon im Kindesalter werden Söhne und Töchter in die geschlechtsspezifisch bedingte Arbeitsteilung einbezogen und spielerisch, ganz ohne Zwang, auf ihre zukünftige Rolle vorbereitet. So ist der Bau von Hütten Frauensache, die Herstellung von Werkzeugen dagegen Männersache. Aus dem Arbeitsbereich der Frauen und Mädchen zeigt die Ausstellung beispielsweise Grabstöcke, die zum Knollengraben verwendet werden, oder Kürbisschalen zum Sammeln von Beeren.
- Männer und Jagd
- Ansehen und Einfluss erlangen Männer aufgrund ihres Jagderfolges. Anführer und Häuptlinge sind unbekannt. Die Ausstellung zeigt Jagdwaffen wie Pfeil und Bogen oder Ausrüstungsgegenstände wie Sammelbehälter aus Rinde, Jagdtaschen oder Werkzeuge. Gerade die vergänglichen Objekte zeigen, wie lückenhaft das aus der Steinzeit überlieferte Sachgut bei uns ist.
- Weitere Themen
- der Ausstellung sind Kult und Tanz, das Heilwesen der Hadzapi, die Forschungen Prof. Kohl-Larsens am Eyasi-See und die wechselnden Herren der Hadzapi, die zeitweise Untertanen des Deutschen Reiches waren - freilich ohne es zu wissen.
- Videobänder mit Originalfilmen, die Prof. Kohl-Larsen und seine Frau auf ihren Expeditionen herstellten, vermitteln die steinzeitliche Lebensweise der Jäger und Sammler in ungewöhnlich anschaulicher Form.
- Literatur:
- Martin Porr: Hadzapi. Eine Wildbeuter-Kultur in Ostafrika.
- Hansjürgen Müller-Beck: Die Steinzeit. Der Weg der Menschen in die Geschichte.
- Siehe auch:
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