Ent•wick•lung, die [Substantiv, feminin] = Prozess der Herausbildung
- Die Idee, die Entwicklung der Stadt könne mithilfe von Planunterlagen oder den Stadtmodellen Jakob Sandtners aus dem 16. Jahrhundert (siehe oben in der Dauerausstellung) allein erklärt werden, muss nach den archäologischen Erkenntnissen der letzten Jahre aufgegeben werden.
- So waren vor der Stadtwerdung, im 11./12. Jahrhundert, die heutigen südlichen Altstadtviertel typische Auenlandschaften mit kleineren Bachläufen, Seen, Tümpeln oder feuchten Senken im Überflutungsbereich der Donau. Hier beeindrucken die Profilwände von Baugruben, die zeigen, wie die Stadt in die Höhe wächst. Nach Jahrhunderten, in denen der Mensch die Uferbereiche befestigte, Drainagen anlegte, Geländesenken und Gewässerläufe auffüllte sowie großflächig das Gelände aufhöhte, sind von der Auenlandschaft innerhalb der Stadtmauer nur Straßennamen wie „Egelseestraße“ und „Am Bachl“ geblieben.
- Auch die Ausgrabungen im Norden der Altstadt verdeutlichen, dass die Stadtmodelle nur als Momentaufnahmen gesehen werden dürfen. Wo sie beim heutigen Gelände der Ingohöfe Gartenflächen zeigen, konnte eine ältere, handwerklich geprägte Siedlung mit Holzgebäuden, zahlreichen Erdöfen zur Nahrungsmittelproduktion und auffallend viel Schlacke von der Metallverarbeitung nachgewiesen werden.
- Die Stadtwerdung Ingolstadts hat sich nicht, nur wie bislang angenommen, von „innen nach außen“, vom Königshof bei der Moritzkirche in der Mitte der Altstadt über die noch recht kleine Gründungsstadt des 13. Jahrhunderts zur Festungsstadt der Sandtnermodelle entwickelt. Sie ist auch Ergebnis eines Konzentrationsprozesses, also des Zusammenwachsens vieler verstreuter Siedlungen. Die „Ortsteile“ standen in ihrer Entwicklung den zentralen, später von der Stadtmauer geschützten Bereichen nicht nach, wie auch die Qualität der Funde belegt.
Text: Dr. Ruth Sandner
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