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Der Landtag 1516 in Ingolstadt
Dr. Beatrix Schönewald:
Reinheitsgebot – Bierbrauer und Lebensmittelgesetze

 

Brauordnungen wurden im Mittelalter häufig erlassen. Kaiser Otto II. verlieh der Kirche zu Lüttich das älteste heute noch überlieferte Braurecht im Jahre 974. Mit dem Aufstieg der Städte regelte man dort auch die Bierqualität, so in Augsburg 1156, in Weimar 1348, in Nürnberg 1393, in Weißensee/Thüringen 1434, in München 1363. Für das Teilherzogtum Bayern-Landshut erließ Herzog Georg der Reiche 1493 eine Vorschrift, wonach für das Bier nur Malz, Hopfen und Wasser verwendet werden durfte. Nach der Wiedervereinigung der bayerischen Teilherzogtümer mussten die bis dato unterschiedlichen Landrechte vereinheitlicht werden, so dass die bayerischlandshutische Ordnung neu formuliert und für das ganze Land verpflichtend war.

Bereits in den frühesten schriftlichen Quellen der Stadt Ingolstadt, in den Urkunden, spielen die Bierbrauer eine wichtige Rolle. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts überließ der Landesherr, der stets auf die Ingolstädter zählen konnte, dem Rat der Stadt die Markt- und Gewerbehoheit. Neben dem allgemeinen bürgerlichen Hausbraurecht für den privaten Bedarf verlieh der Rat auch das sogenannte qualifizierte Braurecht für das Gewerbe. 1369 entstand die Ingolstädter Brauerzunft. Ebenfalls im 14. Jahrhundert waren die Bierbrauer auch in den anderen bedeutenden bayerischen Städten Landshut und Regensburg zünftisch organisiert. In Straubing sind 1374 zwar Brauer belegt, doch die Zunft entwickelte sich hier erst im 16. Jahrhundert.

Ingolstadt hatte auch bezüglich der Brauerordnungen die Nase vorn: Von 1470 datiert die älteste Fassung, die aber in der Einleitung auf eine vorher bestehende verweist. Landshut folgt 1486, München 1493 und Regensburg gar erst 1549.
Foto: Kurt Scheuerer
Diese Erlasse regelten die Zahl der Zunftmitglieder, die Aufnahme von Neulingen, auch die Einkünfte der Zunft, ferner die Aufgaben für das Gemeinwohl, wenn etwa die Brauer zur Verteidigung der Stadt eine ihren Finanzen entsprechende Reiterausrüstung ihr Eigen nennen mussten oder Kerzen für kirchlichen Gebrauch angeschafft werden sollten.
Die Wohlhabenheit der Brauerzunft manifestiert sich heute noch in der 1514 fertig gestellten Brauerkapelle des Ingolstädter Liebfrauenmünsters, in der das Wappen der Brauer mit zwei Schöpfkellen, gehalten von einem Putto, im Buntglasfenster zu sehen ist.
Bis ins 19. Jahrhundert pendelte die Zahl der Bierbrauer immer um die 30. Als große Abnehmer galten die Angehörigen der seit 1472 bestehenden bayerischen Landesuniversität.

Zwischen 1476 und 1788 wurden Ingolstädter Bierbrauer in 85 Urkunden erwähnt. Sie beteiligten sich eifrig an Rechtsgeschäften, Stiftungen und verliehen Geld, womit sie sich als vermögende Schicht zu erkennen gaben. Verantwortung zum Wohl der Stadt übernahmen sie als äußere und innere Räte, so Ludwig Königsfelder, der 1527 dem inneren Rat angehörte, und Balthasar Zwickl, der 1760/61 als Stadthauptmann fungierte. Im Privilegienbuch ist Jacob Cunradi, Bierbrauer, als Mitglied des äußeren Rats 1720 porträtiert. Das Engagement der Zunftmitglieder ging auch über die Stadtgrenzen hinaus: Im Kriegswesen außer Landes befindet sich der Bierbrauer Richard Lehner 1637, also in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Anhand eines Testaments des kinderlosen Bierbrauers Hans Schmaus von 1639 zeigt sich, dass nach Möglichkeit das Vermögen in der Familie bleiben sollte: Der Neffe übernahm als Brauknecht, der einen Teil der Lehrjahre schon beim Onkel verlebt hatte, die Braugerechtigkeit und das dazu notwendige Zubehör, die Witwe fand ihr Auskommen im Haus und erhielt zusätzlich Geld. Für das Seelenheil stiftete der Erblasser Messen, Paramente, Gelder an diverse Kirchen und Klöster und auch die übrige Verwandtschaft bedachte er reich mit Geld oder Grundstücken.

Die zum Brauen wichtigen Rohstoffe wie Wasser und Hopfen waren gut verfügbar. Ein Teil der Hopfengärten befand sich, wie anhand der Briefprotokolle ersichtlich, vor dem Kreuztor nahe der Moosbrücke und in der sogenannten Zell, vornehmlich also im Westen der Altstadt.

Ingolstadt ist eine Stadt des Bieres, der Bierbrauer. Sie zählten zum Ratskollegium, waren einflussreiche Bürger der Stadt. Ihr Publikum war in der Zeit des universitären Lebens international: Studenten und Professoren aus ganz Europa kamen in diese Stadt und sprachen zum Leidwesen der Obrigkeit dem Gerstensaft reichlich zu, in den Zeiten der Garnison waren es die Offiziere und Soldaten. Sichtbares Zeichen dieses Konsums: Reservistenkrüge.
Ingolstadt wurde seit dem 19. Jahrhundert durch die Bayerische Landesfestung maßgeblich geprägt. Gleichzeitig begann mit dem Aufbau der Königlichen Geschützgießerei und Geschossfabrik die Industrialisierung der Stadt und der Region. Es entstanden die großen, industriell geführten Brauereien wie Bürgerliches Brauhaus, die noch heute - unter verändertem Namen - maßgeblich zum Ruf Ingolstadts als Bierstadt beitragen.


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