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C.-M. Hüssen und A. Wegener-Hüssen:
Römische Besetzung und Besiedlung des Donau-Südufers
(gekürzt von Kurt Scheuerer)

 
Bis 80 n.Chr. und ab den Alamanneneinfällen des 3. Jhs war die Donau Grenze des römischen Reiches. Militärlager schienen 15 v.Chr. entlang der Donau in dem nur dünn besiedelten Alpenvorland nicht nötig. Erst in den 30er und 40er Jahren sicherte man die Donau durch Kastelle. Vor 47 n.Chr. wurde die "kaiserliche Provinz Raetia eingerichtet. Hauptstadt und Sitz des prokuratorischen Statthalters, der das Land verwaltete, wurde Augsburg-Augusta Vindelicum."

Die militärische Sicherung der Donau als nördliche Reichsgrenze

"In den großen Lagern waren Hilfstruppen (auxilia) stationiert. ... Die Grenztruppen waren in verschiedene reguläre Einheiten (alae, cohortes) gegliedert. Die Auxiliarsoldaten erhielten nach 25jähriger Dienstzeit das römische Bürgerrecht (civitas romana) und das Eherecht (ius conubii) in Form eines Diploms verliehen."
Die Kastelle waren Holz-Erde-Lager, in denen jeweils eine etwa 500 Mann starke Truppe stationiert war.
"Das Kastell Oberstimm wurde in den 40er Jahren gegründet, ... als Besatzung ist eine Cohors quingenaria equitata, eine teilberittene Einheit, anzunehmen."
Zwischen den Auxiliarlagern entlang der Donau wurden weitere, kleinere Militärstützpunkte errichtet, z.B. auf dem Stadtberg von Neuburg (für höchstens 80 Soldaten), an der Donausüdstraße bei Zuchering (für 100-200 Mann) und bei Oberstimm. Zu den Aufgaben dieser Truppen "gehörte neben der Überwachung von Flußübergängen vor allem wohl die Sicherung und Kontrolle des Verkehrs auf der Donau und der wahrscheinlich auf vorrömischen Verkehrswegen neu ausgebauten Donausüdstraße."
"In Weichering kamen zwei Holzgebäude zutage, die zum Gutshof eines Veteranen gehörten. Die Funde aus dieser frühen Villa rustica datieren in die Mitte des 1. Jhs." Ähnliche Befunde stellte man bei Gutshöfen südlich Zuchering fest.
"Diese Plätze belegen, daß die Erschließung des Donautales mit Gutshöfen wohl schon etwa 10-20 Jahre nach der militärischen Sicherung der Flußgrenze erfolgte. Sie zeigen auch, daß das Gebiet keine militärische Grenzzone, sondern der Fluß eher eine überwachte Verkehrslinie war. Eine akute Bedrohung dieser natürlichen Nordgrenze sah man offenbar nicht."

Reichskrise und Reorganisation unter den flavischen Kaisern

Nach den Bürgerkriegen 68-70 wurde das Heer von Vespasian reorganisiert und die Kastelle an der rätischen Donaulinie wiederaufgebaut bzw. neu besetzt. "In Oberstimm verblieb für etwa 15-20 Jahre ein kleines Truppenkontingent. Erst unter Kaiser Domitian (81-96) wurde das Kastell vollständig erneuert und wieder mit einer Kohorte belegt."

Die Eroberung des Donauvorlandes ab 80 n.Chr.

Um 80 n.Chr. begann die militärische Besetzung des Donauvorlandes.
"Das erste neue Kastell entstand wahrscheinlich in Kösching. ...
Nur wenig später dürfte das ... Lager in Nassenfels gebaut worden sein."
Unter Domitian entstand das Kastell Pfünz.
Das Kastell Oberstimm "erfüllte als Etappenlager Versorgungsaufgaben für die nach Norden vorgerückten Truppen".
Die beiden Speicherbauten nördlich des Lagers dürften für die Versorgung der zwischen 101 und 106 in die Dakerkriege donauabwärts ziehenden Einheiten gedient haben.
Um 115/120 war die künstliche Nordgrenze festgelegt. Das Kastell Oberstimm wurde nun endgültig aufgelassen und die Truppe abgezogen. Die Alenkastelle in Kösching und Pförring mit ihren Reitereinheiten überwachten die Donaunordstraße.

Die Entwicklung der zivilen Besiedlung

Die Kastellsiedlungen

"Bei den Kastellen entstanden zivile Siedlungen (vici) für die Familien der Soldaten, für Handwerker und Händler."
Der Vicus Scuttarensium wurde im 2. Jh. der zivile Mittelpunktort der Region.
"Der Fortbestand der Neuburger Siedlung bis ins 2. Jh. spricht dafür, daß trotz der neuen Brücke bei Stepperg hier weiterhin ein Donauübergang bestand.
Auch in Oberstimm blieb nach dem Abzug der Soldaten ein Teil der Zivilbevölkerung zurück. ... Über den beiden ausgemusterten römischen Schiffen, die in einem mit römischem Bauschutt verfüllten Brautlachbett lagen, hatte man im nun trockenen Gelände Gebäude errichtet."

Die ländliche Besiedlung

"Die Versorgung des Militärs und der Zivilbevölkerung in den Zivilsiedlungen wurde in römischer Zeit durch einzeln stehende, über das Land verteilte Gutshöfe sichergestellt."
Westlich Oberstimm wurden sechs Gutshöfe in Holzbauweise gefunden.
Ab der Mitte des 2. Jhs wurden in großer Zahl "besonders auf günstigen Standorten nördlich der Donau Villen gegründet. Sie wurden wahrscheinlich zunächst in Holzbauweise errichtet, später baute man die Haupt- und Nebengebäude dann in Stein aus."

Die Zeit der Markomannenkriege bis zum Fall des Limes

"In den Jahren 166/167-180 durchbrachen Markomannen, Quaden und andere Stämme die Donaugrenze und drangen nach Oberitalien vor. In unserem Raum wurden wahrscheinlich in dieser Zeit die Kastelle in Pfünz und in Böhming zerstört. ...
Zum Schutz der Provinz wurde die Legio III Italica an die Donaugrenze verlegt. Ein Teil dieser Legion war wohl zunächst in Eining-Unterfeld stationiert. Später bezog die vollständige, rund 6000 Mann starke Truppe das 179 n.Chr. fertiggestellte Legionslager in Regensburg-Castra Regina (24,6 ha)."
"Um einem drohenden Überfall zuvorzukommen, führte Caracalla (211-217) im Jahre 213 von raetischem Boden aus einen Feldzug gegen die Alamannen. ...
Als aber 231 Kaiser Severus Alexander für einen Feldzug gegen die Perser Truppen aus den Rhein- und Donauprovinzen abzog, nutzten die Alamannen diese Blöße zu Einfällen und Plünderungen bis weit ins Limeshinterland. ...
Weitere verheerende Vorstöße der Alamannen folgten und erzwangen 259/60 den endgültigen Rückzug der römischen Truppen aus dem Limesgebiet nördlich der Donau. Die Bevölkerung in den Kastellsiedlungen und in den Villae rusticae hatte das Land zum größten Teil schon in den vorangegangenen Jahren verlassen."
Die Donau blieb nun bis ins 5. Jh. Nordgrenze des römischen Reiches.


Dr. Claus-Michael Hüssen und Angelika Wegener-Hüssen M.A.
in: Archäologie um Ingolstadt. Kipfenberg 1995. S. 187-202.

siehe auch:

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