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02.02.2021

Weniger Zuwanderung

Die Bevölkerungsentwicklung in Ingolstadt 2020

Zum ersten Mal seit fast 50 Jahren ist die Einwohnerzahl in Ingolstadt wieder gesunken. Das zeigt die Bevölkerungsstatistik des vergangenen Jahres. Seit 1976 kennt die Einwohnerentwicklung eigentlich nur eine Richtung: nach oben. Woran liegt es, dass Ingolstadt zumindest im vergangenen Jahr nicht mehr gewachsen, sondern sogar geschrumpft ist? Schnell wird klar: Den einen Grund gibt es nicht, vielmehr sind es eine ganze Reihe von Faktoren, die Einfluss genommen haben.

Grundsätzlich basieren die Bevölkerungsbewegungen auf dem Wanderungssaldo (Differenz aus Zu- und Wegzügen) sowie dem natürlichen Saldo (Differenz aus Geburten und Sterbefällen). Bis zum Jahr 2018 war der Wanderungssaldo, also der Überschuss der Zuzüge über die Wegzüge, die wesentliche Komponente des Bevölkerungswachstums. Ab 2014 war der Überschuss der Geburten über die Sterbefälle ein gewichtigerer Faktor als noch in den Jahren und Jahrzehnten davor. Im Jahr 2019 betrug der Wanderungssaldo nur noch knapp 300 Personen, etwa genauso hoch war auch der natürliche Saldo. Im Jahr 2020 dagegen war der Wanderungssaldo stark negativ (-700), es gab also deutlich mehr Fortzüge aus Ingolstadt als Zuzüge in die Stadt. Der Überschuss der Geburten über die Sterbefälle betrug dagegen noch 204 Personen. Insgesamt zählte Ingolstadt Ende des vergangenen Jahres 138.230 Einwohner.

Es gibt verschiedene Vermutungen oder sogar begründete Annahmen, warum die Bevölkerungsentwicklung 2020 ganz anders verlief, als man es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gewohnt war. Ein Grund könnte die Dieselkrise und Transformation in der Automobilindustrie sein. So gab es Mitte des Jahres 2020 rund 3.000 Beschäftige weniger in Ingolstadt als noch im Vorjahr. Allerdings sind in dieser Zahl auch Personen, die von außerhalb nach Ingolstadt pendeln, enthalten. Die Zahl der Beschäftigten, die in Ingolstadt arbeiten und wohnen, reduzierte sich nur um rund 400 Personen.
Deutlich stärkere Auswirkungen dürfte die Corona-Pandemie auf die Bevölkerungszahl haben. Zuwanderung basiert in erster Linie auf dem Bedarf an Arbeitskräften – gerade in Ingolstadt. 2020 war aufgrund von Corona von starken wirtschaftlichen Einbußen geprägt, weshalb vermutlich auch weniger Menschen nach Ingolstadt gezogen sind. Gleichzeitig ging auch die Zahl der Asylanträge enorm zurück – in Ingolstadt von 2019 auf 2020 um fast 30 Prozent. Hier liegt also ein direkt nachweisbarer Grund für den Rückgang der Bevölkerung in der Stadt.
Weitere Faktoren könnten auch verzögerte oder unterbliebene An- und Abmeldungen bei den Einwohnermeldeämtern sowie Korrekturen des Meldebestandes im Rahmen der Kommunalwahl 2020 sein.
Allerdings: Der Einbruch ist kein Ingolstadt-spezifisches Phänomen: Nicht nur in Ingolstadt, sondern auch in den anderen kleineren Großstädten in Bayern wie Regensburg, Würzburg und Erlangen brach das Bevölkerungswachstum 2020 ein. Interessant wird nun sein, ob sich dieser Trend fortsetzt oder aufgrund des Ausnahmejahres 2020 auch nur eine Ausnahme vom generellen Trend darstellte. Experten gehen derzeit eher von Letzterem aus.