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03.07.2021

Lebensnotwendiger Rohstoff Phosphor

Information zur regionalen Klärschlammkooperation

Bisher werden Klärschlämme landwirtschaftlich genutzt oder in Kraft- und Zementwerken sowie in thermischen Abfallbehandlungsanlagen mitverbrannt. Die bundesweit gültige Klärschlammverordnung von 2017 schränkt künftig die landwirtschaftliche und landbauliche Verwertung stark ein. Ziel der Politik ist es, Phosphor aus dem kommunalen Abwasser zu entfernen und so eine übermäßige Anreicherung von Nährstoffen in Gewässern (Eutrophierung) zu mindern, Phosphor wieder als wertvollen Dünger in den landwirtschaftlichen Kreislauf einzufügen und zudem die weltweit knappen und teuren Phosphat-Reserven zu schonen. Aufgrund dieser neuen gesetzlichen Vorgaben sind Kläranlagen verpflichtet, ab dem Jahr 2029 bzw. 2032 den lebensnotwendigen Rohstoff Phosphor aus dem Klärschlamm zurückzugewinnen.

Bis 2023 sind von den Kläranlagenbetreibern deshalb Konzepte vorzulegen, wie eine Phosphatrückgewinnung ab 2029 für größere Kläranlagen bzw. 2032 für kleinere Kläranlagen sichergestellt wird. Fast alle Kläranlage brauchen neue Entsorgungskonzepte, wenn sowohl die landwirtschaftliche Verwertung als auch die Mitverbrennung in Zementwerken, Kraftwerken und thermischen Abfallbehandlungsanlagen nicht mehr möglich ist.

Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf, Verbandvorsitzender der Zweckverbände Müllverwertungsanlage Ingolstadt (MVA) und Zentralkläranlage Ingolstadt (ZKA), erläutert den Hintergrund: „Dem Schutz unserer Umwelt und der Schonung unserer Ressourcen sind wir alle verpflichtet. Daher wird zurzeit untersucht, ob die Errichtung einer Verwertungsanlage für Klärschlämme aus Ingolstadt und aus der Region an den Standorten der MVA und der ZKA sinnvoll ist. Damit würden wir nachhaltig die umweltschonende Entsorgung des Klärschlamms sichern und ein Recycling des wertvollen Rohstoffes Phosphor ermöglichen.“

Da es derzeit keine etablierten Techniken zur Rückgewinnung von Phosphor aus Abwässern oder Klärschlamm gibt, mit denen die Vorgaben der Verordnungen erfüllt werden können, ist die Trocknung und Monoverbrennung des Klärschlammes mit einer nachfolgenden Rückgewinnung des Phosphats aus der Asche der Monoverbrennung für viele Kläranlagen das geeignetste Verfahren, um ihre gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Jedoch stehen derzeit noch nicht ausreichende Kapazitäten zur Verfügung.

Durch die Integration der Trocknung und Monoverbrennung in die Standorte einer Kläranlage und einer thermischen Abfallbehandlungsanlage in unmittelbarer örtlicher Nachbarschaft, wie dies für die ZKA und die MVA der Fall ist, können eine Reihe von Synergien genutzt werden, die eine weit effizientere Realisierung des Verfahrens ermöglichen als an anderen Standorten.

Dr. Irene Lindner, Geschäftsführerin der MVA, fasst die Vorteile zusammen: „Am Standort der MVA in Ingolstadt steht die erforderliche Wärme für die Klärschlammtrocknung zur Verfügung. Ebenso kann die bei der Verbrennung freiwerdende Wärme in der Fernwärme- und Stromerzeugung der MVA verwendet werden. Durch die Nutzung der vorhandenen, hochmodernen Abluftreinigung der ZKA und der Abgasreinigung der MVA werden Emissionen von Gerüchen verhindert und Schadstoffe weit unter die gesetzlichen Grenzwerte abgesenkt. Vorhandene Infrastruktureinrichtungen, wie zum Beispiel Waage, Leitwarte oder Verwaltungs- und Sozialeinrichtungen können ebenfalls genutzt werden. Und nicht zuletzt steht unser qualifiziertes und erfahrenes Personal zum Betrieb zur Verfügung.“

Zudem stellen die interkommunale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Abwasserbehandlung und Restmüllbehandlung Erfolgsmodelle dar, so dass eine Übertragung auf die Klärschlammbehandlung naheliegend ist. Ein regionales, kommunales Konzept bietet hohe, langfristige Entsorgungssicherheit und wäre sowohl ein ökologisches als auch ein ökonomisches Vorzeigeprojekt für Ingolstadt und die Region.

Vor diesem Hintergrund prüfen die Zweckverbände der ZKA und der MVA, ob eine Klärschlammbehandlung für die kommunalen Kläranlagen im Zweckverbandsgebiet der MVA (Stadt Ingolstadt, Landkreise Eichstätt, Kelheim, Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen und Roth) in den Betrieb der Kläranlage und Restmüllverwertung mit weitgehender Nutzung von Synergien integriert werden kann.

Bisher ist lediglich die Machbarkeit einer solcher Behandlung überprüft worden. Dazu sind Erhebungen durchgeführt worden, welche Klärschlammmengen von kommunalen Kläranlagen aus dem oben genannten Gebiet für eine Behandlung zur Verfügung stünden und welche technischen Einrichtungen hierfür erforderlich wären.

Im Ergebnis fallen in der Region (ohne Stadt Ingolstadt) bis zu 40.000 Tonnen pro Jahr entwässerter Klärschlamm mit einem Feststoffgehalt von 25 Prozent an, die antransportiert, getrocknet und anschließend mit dem getrockneten Klärschlamm der Zentralkläranlage einer Monoverbrennung zuzuführen wären.

Für die Anlieferung des Klärschlammes als entwässerter Schlamm mit einem Feststoffgehalt von rund 25 Prozent und den Abtransport der Klärschlammasche zur Phosphatrückgewinnung wären werktäglich zu den normalen Öffnungszeiten der Müllverwertungsanlage (Mo bis Fr, 8 bis 17 Uhr) lediglich rund neun Anfahrten und eine Abfahrt pro Tag erforderlich.

Um die Transportmenge noch weiter zu minimieren, wird derzeit vielerorts geprüft, ob Trocknungsprojekte dezentral im lokalen Umgriff von Kläranlagen realisiert werden können. Damit könnte das zusätzliche Verkehrsaufkommen weiter reduziert werden. Um die Belastungen durch die Lkw-Anlieferungen zu reduzieren, wird zudem eine Optimierung der Verkehrsführung geprüft.

Die Zusammenarbeit der ZKA und MVA ermöglicht eine äußerst vorteilhafte Aufgabenteilung bei der Behandlung von Klärschlämmen: Die bei der ZKA bestehende Trocknungsanlage mit vorhandener Abluftreinigung könnte so erweitert werden, dass auch der Klärschlamm aus der Region verarbeitet werden kann. Die Verbrennung des getrockneten Klärschlamms würde dann in dem bei der MVA neu zu errichtenden Wirbelschichtofen verbrannt. Die Reinigung der Verbrennungsabgase könnte in der aufwendigen Rauchgasreinigungsanlage der MVA erfolgen. Durch die Nutzung vorhandener Anlagen wird eine hohe Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit erzielt.

Die Neuanlagen zur Trocknung und Monoverbrennung würden nach jetziger Vorstellung in die bestehenden Einrichtungen der ZKA und MVA integriert, so dass keine weitere Erschließung erforderlich wäre. Hinsichtlich der technischen Ausgestaltung der Anlagen im Hinblick auf Emissionen, Geruchsbelastung, Lärm und Sicherheit würde der hohe Standard der beiden Standorte zugrunde gelegt, so dass durch die weiteren Anlagen keine höheren Belastungen zu erwarten wären.

Bisher sind keine Beschlüsse zur Umsetzung des Projektes erfolgt. Die Thematik wird aktuell in den Gremien beider Zweckverbände umfassend vorberaten, bevor Beschlussempfehlungen an die Verbandsversammlungen gegeben werden. Dabei sind das gute Miteinander und der offene Dialog mit den Anwohnern den Verantwortlichen beider Zweckverbände ein wichtiges Anliegen.

Zu dem Thema fand vor wenigen Tagen im Stadttheater Ingolstadt eine Bürgerversammlung zur Vorstellung des Projekts statt, bei der sich die Bürgerinnen und Bürger informieren und ihre Bedenken vortragen konnten, damit bereits vor Beschlussfassungen berechtigte Einwände geprüft werden können, um verträgliche Lösungen zu schaffen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die regionale Klärschlammkooperation viele Vorteile hat:
✓ Langfristige Entsorgungssicherheit
✓ Wirtschaftlichkeit und Gebührenstabilität in der Region
✓ Effiziente Energienutzung
✓ Erschlossene Standorte können genutzt werden
✓ Durch das Konzept werden Klima- und Umwelt entlastet
✓ Langfristige Gewinnung des wertvollen Rohstoffs Phosphor
✓ Wertschöpfung und Sicherung von Arbeitsplätzen in der Region
✓ Kommunale Verantwortung und kommunaler Zusammenhalt werden gestärkt