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Vereinbarkeit von Beruf und Pflege

Ein Elternteil wird immer hilfebedürftiger? Ein Unfall oder eine akute Erkrankung bei einem Verwandten hat seine Spuren hinterlassen und plötzlich ist man als Angehöriger gefragt? Der Partner leidet an einer Krankheit, die zeitaufwändige Betreuung und Versorgung mit sich bringt?

Das sind nur drei mögliche Szenarien. Pflege von Angehörigen ist vielfältig – was sie eint ist der Umstand, dass es meistens überraschend kommt, keine Zeit für lange Vorbereitungen bleibt, die Zeiten emotional und körperlich belastend sind und häufig auch keine Aussicht auf Besserung besteht. Es gibt unterschiedliche Unterstützungsangebote, insbesondere von den Krankenkassen aber auch Hilfen seitens der Arbeitgeber.

Wir haben auf dieser Seite die wichtigsten Informationen zusammengefasst, Links zu vertiefender Literatur gesammelt und nennen wichtige Ansprechpartner.
Selbstverständlich sind Leistungen immer bei den zuständigen Stellen (Krankenkasse des Angehörigen, Personalamt des Arbeitgebers etc.) individuell zu beantragen. Dort werden die Voraussetzungen geprüft und dann erfolgt erst eine Genehmigung. Die auf dieser Seite genannten Aspekte treffen nur auf deutsche Krankenkassen zu. Sollten die Angehörigen im Ausland versichert sein, gelten andere Regeln. Dies kann z. B. bedeuten, dass zwar Freistellungen beantragt werden können, jedoch keine Krankenkasse die Lohnersatzleistungen übernimmt.

Nehmen Sie daher unbedingt frühzeitig Kontakt zu den jeweiligen Stellen auf, um die Möglichkeiten prüfen zu lassen und auch noch Zeit zu haben um ggf. Alternativen zu suchen. Die Themen rund um Pflegezeiten etc. sind leider ziemlich komplex. Wenn man zwischen Arbeitsstelle und pflegebedürftigen Angehörigen pendelt und die Probleme täglich mehr werden, fehlt einem oftmals auch die Ruhe diese Dinge abzuklären.

Unabhängige Beratung und Unterstützung bieten deswegen auch die Pflegestützpunkte der Kommunen und z. B. die Sozialdienste in Kliniken oder Reha-Einrichtungen, in denen sich die Angehörigen gerade befinden.


Definitionen

Pflegeperson:

Eine Pflegeperson hat bestimmte Bedingungen zu erfüllen

  • Muss eine oder mehrere pflegebedürftige Personen der Pflegegrade 2 bis 5 in ihrer häuslichen Umgebung pflegen
  • Die Pflege muss mindestens 10 Stunden wöchentlich betragen (auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche verteilt)

Die Pflege muss selbst übernommen werden, kann aber durch Dritte oder ambulante Pflegedienste unterstützt werden.

Nahe Angehörige:

Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, Kinder oder Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten/der Ehegattin oder Lebenspartner*in, Schwiegerkinder, Enkelkinder

Häusliche Umgebung:

eigener Haushalt oder der der Pflegebedürftigen Person

Pflegebedürftigkeit:

„Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen“ (Bundesministerium für Gesundheit)

Übersicht über die verschiedenen Regelungen

Quelle: Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf (bmfsfj.de)

Wenn die zunächst gewählte Dauer zur Pflege der oder des nahen Angehörigen nicht ausreicht, besteht die Möglichkeit der Verlängerung einer Freistellung bis zur jeweiligen Höchstdauer. Dem muss der Arbeitgeber zustimmen.

Regelungen für Beamte und Beamtinnen (Richter/-innen und Soldaten/-innen)

Bei Fragen zum Beamtenrecht wenden Sie sich bitte direkt an Ihren Arbeitgeber oder Ihre Arbeitgeberin.

Ankündigungsfristen

Für die Pflegezeit beträgt die Ankündigungsfrist 10 Arbeitstage. Sie gilt auch für die Betreuung Minderjähriger und Begleitung in letzter Lebensphase.

Für die Familienpflegezeit muss eine Frist von 8 Wochen vor Beginn eingehalten werdn. Sie gilt auch für die Betreuung Minderjähriger.

Kombination: Bei einem Übergang von Familienpflegezeit in Pflegezeit: 8 Wochen vor Beginn der Pflegezeit. Übergang von Pflegezeit in Familienpflegezeit: 3 Monate vor Beginn der Familienpflegezeit.

Bei akutem Pflegefall: kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Falls es zu einer akuten Pflegesituation eines nahen Angehörigen kommt, haben Beschäftigte die Möglichkeit eine Freistellung von bis zu zehn Arbeitstagen zu erhalten. Diese gilt für alle Arbeitnehmer/-innen, unabhängig von der Größe des Unternehmens, und bedarf keiner vorherigen Ankündigung. Darüber hinaus gibt es von der Ankündigung bis zur Beendigung einen Kündigungsschutz. Der Schutz in Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bleiben erhalten

In dieser Zeit kann man sich über verschiedene Pflegeleistungen informieren. Außerdem gebt es die Option sich eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder pflegerische Versorgung sicherzustellen.

Es ist zu beachten, dass der/die Arbeitgeber/-in unverzüglich eine Mitteilung über die Arbeitsverhinderung und deren Dauer erhalten muss. Auf dessen/deren Verlangen muss auch eine ärztliche Bescheinigung, die die Pflegebedürftigkeit bestätigt, sowie die Erforderlichkeit der Arbeitsbefreiung bestätigt vorgelegt werden.

Während der Freistellung haben Beschäftigte zwar keinen Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung, können dafür aber ein Pflegeunterstützungsgeld beantragen.

Pflegezeit

Sollte es zu einer längeren Zeit kommen, in der Beschäftigte pflegebedürftige nahe Angehörige gepflegt werden müssen gibt es die Möglichkeit der Pflegezeit. Dies ist eine höchstens 6-monatige vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit, welche der/die Arbeitgeber/-in nicht bezahlt. Die Ankündigungsfrist hierfür beträgt 10 Arbeitstage und muss den Zeitraum, sowie den Umfang beinhalten. In der darauffolgenden schriftlichen Vereinbarung wird unter anderem auch die Arbeitszeitenverteilung bei einer teilweisen Freistellung festgelegt. Generell gilt, dass der/die Arbeitgeber/-in den Wünschen der Beschäftigten nachgehen soll, solange keine dringenden betrieblichen Gründe dagegensprechen.

Genau wie bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung besteht in der Pflegezeit ein besonderer Kündigungsschutz, welcher nur in Ausnahmefällen nicht wirkt. Dieser gilt von der Ankündigung – höchstens aber 12 Wochen Beginn – bis zum Ende der Pflegezeit.

Einen Anspruch haben die Beschäftigten dann, wenn der/die Arbeitgeber/-in der/des Beschäftigten mehr als 15 Angestellte hat und bei der pflegebedürftigen Person eine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Die Pflegebedürftigkeit muss durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder durch eine Bescheinigung der Pflegekasse nachgewiesen werden.

Bei der Pflege von Minderjährigen nahen Angehörigen und bei einer Sterbebegleitung liegen zusätzlich noch Sonderregelungen vor. Bei ersterem ist der Ort der Pflege flexibel. Das heißt Minderjährige pflegebedürftige nahe Angehörige können häuslich aber auch außerhäuslich, also zum Beispiel in einer Klinik gepflegt werden. Ein Wechsel der Orte ist immer möglich und muss nicht vorher angekündigt werden. Die Regelungen für eine Sterbebegleitung erlauben die Begleitung in der letzten Lebensphase eines nahen Angehörigen für maximal drei Monate. Diese ist auch bei einer außerhäuslichen Pflege in einem Hospiz möglich. Diese Möglichkeit kann zwar zusätzlich zur Pflegezeit in Anspruch genommen werden, darf aber nicht direkt daran oder an die Familienpflegezeit geschehen. Zusätzlich muss der/die Arbeitgeber/-in einen Nachweis in Form eines ärztlichen Zeugnisses erhalten

Eine vorzeitige Beendigung der Pflegezeit kann normalerweise nur mit der Zustimmung der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers stattfinden. Ausgenommen hiervon ist der Tod der Pflegeperson, eine Aufnahme in eine stationäre Pflegeeinrichtung oder weitere Ursachen die eine häusliche Pflege unzumutbar oder unmöglich machen.

Familienpflegezeit

Die Familienpflegezeit bietet eine teilweise Freistellung von bis zu 24 Monaten, in der mindestens 15 Stunden pro Woche weitergearbeitet wird. Beanspruchen können es alle Pflegepersonen von pflegebedürftigen nahen Angehörigen mit Pflegegrad. Abgesehen von Arbeitgeber/-innen mit 25 oder weniger Beschäftigten. In diesem Fall kann dennoch eine Freistellung auf freiwilliger Basis stattfinden. Über eine schriftliche Vereinbarung mit der/dem Arbeitgeber wird Zeit und Umfang bestimmt. Wie bei der Pflegezeit ist eine Ablehnung der Gewährung einer Pflegezeit nur aus dringenden betrieblichen Gründen zulässig.

Genau wie bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung besteht in der Familienpflegezeit ein besonderer Kündigungsschutz, welcher nur in Ausnahmefällen nicht wirkt. Dieser gilt von der Ankündigung – höchstens aber 12 Wochen Beginn – bis zum Ende der Familienpflegezeit. Außerdem gibt es für die Betreuung von minderjährigen Angehörigen die Option von einer außerhäuslichen Betreuung.

Zudem stehen die Pflegepersonen unter beitragsfreiem gesetzlichen Unfallschutz, wenn:

  • diese eine oder mehrere pflegebedürftige Personen (Pflegegrade 2 bis 5) betreut,
  • insgesamt mindestens 10 Stunden wöchentlich gepflegt wird (verteilt auf mindestens zwei Tage) und
  • die Pflegeperson nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeitet.

Der Unfallschutz gilt auch für den Hin- und Rückweg zu der zu pflegenden Person, falls diese an unterschiedlichen Orten wohnen.

Berechnungshilfe Familienzeitrechner: www.wege-zur-pflege.de

Versicherungen während der Pflegezeit und Familienpflegezeit

Versicherungen während der Pflegezeit

Sozialversicherung

  • Beschäftigte haben grundsätzlich weiterhin Kranken- und Pflegeversicherungsschutz.
  • Ist dies nicht der Fall muss sich der/die Beschäftigte in eine Krankenversicherung weiterversichern (meist ist der Mindestbeitrag zu zahlen).
  • Es kann beantragt werden den Beitrag für Kranken- und Pflegeversicherung, bis zum Mindestbeitrag von der Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person, erstattet zu bekommen.

Rentenversicherung

Die Pflegeperson ist während der Pflegezeit weiterhin rentenversichert, wenn:

  •  sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen pflegt (Pflegegrade 2 bis 5),
  •  insgesamt mindestens 10 Stunden wöchentlich gepflegt wird (verteilt auf mindestens zwei Tage) und
  •  die Pflegeperson nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeitet (falls sich nur die Arbeitszeit reduziert, werden die Rentenversicherungsbeiträge zusätzlich von dem/der Arbeitgeber/-in bezahlt).

Arbeitslosenversicherung

  •   Teilweise Freistellung: weiterhin im Rahmen der Beschäftigung
  •   Vollständige Freistellung: Pflegeperson versicherungspflichtig, wenn:
    • sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen pflegt (Pflegegrade 2 bis 5),
    • insgesamt mindestens 10 Stunden wöchentlich gepflegt wird (verteilt auf mindestens zwei Tage) und
    • die Pflegeperson nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeitet
  •  Weitere Voraussetzung: die Pflegeperson war direkt vor dem Einsetzen der Pflegezeit entweder in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig versichert oder besaß Anspruch auf Arbeitslosengeld

Versicherungen während der Familienpflegezeit

Sozialversicherung

Kein Anspruch

Rentenversicherung

Einzahlungen von dem/der Arbeitgeber*in findet weiterhin statt (Basis: reduziertes Arbeitsentgelt). Die Ansprüche richten sich nach dem Pflegegrad des/der zu pflegenden Angehörigen.

Außerdem zahlt die Pflegekasse Beiträge an die Rentenversicherung, wenn:

  • sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen pflegt (Pflegegrade 2 bis 5),
  • insgesamt mindestens 10 Stunden wöchentlich gepflegt wird (verteilt auf mindestens zwei Tage) und
  • die Pflegeperson nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeitet.

Arbeitslosenversicherung

Eine Arbeitslosenversicherung bleibt weiterhin im Rahmen der Beschäftigung bestehen.


Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte direkt an die zuständige Versicherung.

Förderung durch zinslose Darlehen

Das zinslose Darlehen während der Pflegezeit und Familienpflegezeit dient zur Milderung der Einkommensverluste in dieser Zeit. Es kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt werden (www.bafza.de). Es wird monatlich in Raten ausgezahlt und später auch so wieder zurückgezahlt. In der Regel deckt es die Hälfte des Nettogehalts, das in dieser Zeit verdient worden wäre. Falls der Wunsch besteht, kann beantragt werden eine niedrigere Rate als vorgesehen zu erhalten. Diese muss jedoch mindestens 50 Euro betragen.

Bei einer besonderen Härte kann beim BAFzA beantragt werden das Fälligkeitsdatum der zurückzuzahlenden Raten auf einen späteren Zeitpunkt zu schieben. Was genau unter besonderer Härte fällt gibt es zum Nachlesen unter Zinsloses Darlehen: Wege zur Pflege (www.wege-zur-pflege.de/themen/zinsloses-darlehen). Pflegen die Beschäftigten nach Ablauf der Freistellung weiterhin denselben/dieselbe nahe/n Angehörige/n in häuslicher Umgebung kann beantragt werden die zurückzuzahlenden Raten zu einem Viertel erlassen zu bekommen.

Pflegeunterstützungsgeld / Lohnersatzleistung

Anstelle einer unbezahlten Freistellung dient das Pflegeunterstützungsgeld als Ausgleich zum entgangenen Gehalt und wird für bis zu zehn Arbeitstage ausgezahlt. Es soll genutzt werden um im Fall einer plötzlichen Pflegesituation eine Pflege zu organisieren. Nach der unverzüglichen Beantragung bei der Pflegekasse/privatem Pflegeversicherungsunternehmen der/des nahen Angehörigen ist zusätzlich eine ärztliche Bescheinigung hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit abzugeben. Das Recht für Pflegeunterstützungsgeld gilt für alle Pflegegrade und ist unabhängig von der Größe der Arbeitsstätte des/der Beschäftigten.

Ausgezahlt wird es in Form einer Entgeltersatzleistung. Diese beträgt 90 Prozent des Nettogehalts, das in dieser Zeit verdient worden wäre. Die Regelungen finden nur Anwendung, wenn die Pflegeperson keine anderes Recht auf eine vergleichbare Entgeltfortzahlung hat.

Allerdings ist zu beachten, dass ein Pflegeunterstützungsgeld nicht für das Kümmern um einen Krankheitsfall eines/einer nahen Angehörigen gedacht ist. Dementsprechend kann es in diesem Fall auch nicht beantragt werden. Sollte die pflegebedürftige Person ein Kind sein, kann entweder Kinderkrankengeld oder Pflegeunterstützungsgeld beantragt werden.

Kombination von Pflegezeit und Familienpflegezeit

Alle Freistellungsmöglichkeiten der beiden Pflegezeiten können kombiniert werden. Dabei ist zu beachten, dass sie – außer bei einer Begleitung in der letzten Lebensphase – direkt ineinander übergehen müssen.

Außerdem darf die Gesamtdauer der beiden nicht über 24 Monate sein. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass mehrere Pflegepersonen eine Freistellung parallel oder nacheinander nehmen und sich so die Pflege teilen.

Bitte beachten Sie die unterschiedlichen Ankündigungsfristen.

Nützliche Links

Interne Links:

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